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Wikimedia: Frei bis ans Ende der Welt

Tina Gerhäusser, Frankfurt am Main5. August 2005

Auf der ersten internationalen Wikimedia-Konferenz geht es darum, das kostenlose Web-Wissen auch in Sprachen von Entwicklungsländern anzubieten. Werbung könnte helfen.

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Hauptsache Wiki! Die Logos am Frankfurter KonferenzhausBild: DW

"Wikipedianer" nennen sie sich gern auch selbst, die Fans der Internet-Enzyklopädie "Wikipedia". Grundsätzlich darf jeder Mensch dort kostenlos Artikel lesen, und dank einer speziellen Software auch schreiben und korrigieren. Dadurch können die Artikel der Enzyklopädie schnell aktualisiert werden. Mit "Wikipedia" fing das Projekt des freien Web-Wissens an - es ist bis heute das erfolgreichste. Weil aber weitere hinzugekommen sind, ist "Wikimedia" mittlerweile der übergreifende Begriff für alle Wiki-Aktivitäten.

Die Gemeinde

Rezeption von Wikipedia und Wikimania
Schlangestehen im Namen des freien Wissens.Bild: DW

Wenn die "Wikipedianer" nicht auf ihrer Lieblingsseite www.wikipedia.org surfen, sind sie zum Beispiel Soziologiestudenten, Programmierer oder Esperantofans. Von Donnerstag bis Sonntag (4. bis 6.8.2005) treffen sich rund 400 "Wikipedia-Autoren" aus mehr als 50 Ländern im Frankfurter Haus der Jugend zu ihrer ersten internationalen "Wikimania"-Konferenz. Viele sehen sich zum ersten Mal. "Ich habe mich schon lange auf die Konferenz gefreut", sagt Kurt Jansson und zwirbelt sein dunkles Ziegenbärtchen; "weil man mit der Zeit viele Leute sehr intensiv online kennen lernt." Man diskutiere sehr viel per E-Mail und in Chatrooms, aber es sei jetzt eben schon "sehr aufregend hier mit den Leuten bei einem Bier zusammen zu sitzen."

Auch Brian Vibber aus den USA und James Day aus England haben sich gerade erst kennen gelernt. Beide sind Softwarespezialisten und sorgen dafür, dass die Webseiten technisch einwandfrei und schnell funktionnieren.

...und was sie zusammenhält

Softwareexperten von Wikipedia
Softwareexperten James (li.) und Brian (re.)Bild: DW

James sagt: "Es liegt in der Natur dieses Projekts, dass sich diejenigen Menschen angezogen fühlen, die versuchen, gute Sachen zu machen." Der Engländer schätzt an "Wikipedianern", dass sie freundlich und hilfsbereit sind und ein gemeinsames Ziel haben.

Wikipedia Gründer Wales
Wikipedia-Gründer 'Jimbo' WalesBild: DW

"Wir wollen eine freie Enzyklopädie für jeden Menschen auf diesem Planeten in seiner eigenen Sprache", umschreibt Jimmy Wales die Vision von "Wikipedia". Vor viereinhalb Jahren hat der Amerikaner die Internet-Enzyklopädie gegründet. Seitdem ist Wales die Seele der stetig wachsenden Bewegung. Aber der 38-Jährige, den hier alle nur "Jimbo" nennen, gibt sich bescheiden: "Ich bin der Zimmermann, nicht der Architekt", sagt er.

Gebaut haben er und seine ehrenamtlichen Helfer einen Wissenspool mit mehr als zwei Millionen Artikeln in über 120 Sprachen. In der Anfangszeit sei alles "ein wenig chaotisch" gewesen, sagt Wales lachend. "Aber mit der Zeit ist die Organisation der Informationen auf der Webseite professioneller geworden." Die Gruppe hat inzwischen eine eigene Stiftung, die "Wikimedia Foundation" gegründet und sechs Schwesterprojekte ins Internet gesetzt, darunter ein Wörterbuch für mehr als 50 Sprachen, das ständig erweitert wird, und eine Nachrichtenseite – genannt "Wikinews".

Keine Geldsorgen

Die Idee vom freien Wissen für alle begeistert und trägt sich selbst. "Wir finanzieren uns rein aus Spenden", sagt Kurt Jansson in seiner Funktion als Vorsitzender des Fördervereins Wikimedia. Immer wenn ein neuer Server her muss, ruft die Gruppe auf ihrer Webseite zu Spenden auf. Mit Erfolg. Auf den Überweisungen stünden dann oft auch persönliche Kommentare der Leser, erzählt Jansson; zum Beispiel "Ihr seid das beste Projekt im Internet" oder "Ihr habt mir durch meine Diplomarbeit geholfen". Im Moment verhandelt Jansson außerdem mit verschiedenen kommerziellen Sponsoren. Das Internet-Unternehmen Yahoo will einen Server in seinem Rechenzentrum in Asien zur Verfügung stellen ohne dafür Werbeflächen einzufordern.

Organisatoren von Wikipedia
Jansson und MitorganisatorenBild: DW

Keine Werbung - das ist ein Grundsatz der "Wikimedia"-Projekte. "Wir sind eine Nonprofit-Initiative" sagt Gründer Jimmy Wales, und daran werde sich nichts ändern. Ein Argument für Werbung liefert Wales dann aber selbst. Die Seite sei "so bekannt und so groß geworden", dass sie mit Werbung eine "beträchtliche" Summe erzielen würde. Und da könnte es laut Wales dann Wikipedias "wohltätigem Anspruch dienen, eine kleine Werbung auf der Suchmaschinenseite einzurichten und damit zum Beispiel Schulbücher für Afrika bereitzustellen."

...aber eine große Herausforderung

"Wikimedia" in Entwicklungsländer bringen. Das ist Wales heimliches Lieblingsthema. Und darüber will er auch auf der Konferenz in Frankfurt diskutieren. Von den mehr als 60 Vorträgen und Workshops beschäftigen sich einige zum Beispiel mit "Wikipedia" in Mali oder Uganda.

Der Schlüssel liegt für Wales erstmal darin, Sprachen wie Bambara oder auch Kisuaheli auf den "Wikipedia"-Seiten auszubauen oder einzurichten - trotz hoher Analphabetenrate und oft unzulänglicher Internetverbindung. "Was vielleicht bei der Konferenz herauskommt ist, dass sich Leute hier aufmachen, um Universitäten vor Ort zu besuchen und einen Kisuaheli-Professor zu finden." Den würde man dann bitten, "Wikipedianer" zu werden.