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Ausstellung "König der Tiere" in Frankfurt

25. Oktober 2018

In Europa ist er weitgehend unbekannt. Dabei prägte der Berliner Maler Wilhelm Kuhnert mit seinen Bildern im 19./20. Jahrhundert das Bild von Afrika. Die Kunsthalle Schirn in Frankfurt präsentiert eine Wiederentdeckung.

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Bildergalerie Ausstellung Wilhelm Kuhnert, Das Bild von Afrika
Bild: Jeremy Enlow

Als einer der ersten europäischen Künstler reiste der Maler Wilhelm Kuhnert (1865-1926) Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts nach Ost-Afrika. Oft blieb er dort länger als ein Jahr und studierte intensiv die afrikanische Landschaft und das Verhalten der wilden Tiere.

Der weitgehend unbekannte afrikanische Kontinent war aus künstlerischer Sicht damals nicht interessant. Die Gebiete der europäischen Kolonien waren noch unerforscht, es gab kaum Gemälde und nur wenig Fotografien.

Kuhnert bereiste als erstes die damalige Kolonie Deutsch-Ostafrika. Die Pass- und Zollangelegenheiten für seine umfangreiche Maler-Ausrüstung waren dort am einfachsten zu regeln, da er nicht im offiziellen Auftrag, sondern aus privatem Interesse fuhr.

Akademische Tiermalerei

Seine handwerkliche Ausbildung hatte er in Berlin an der Königlich Akademischen Hochschule für Bildende Künste absolviert - als klassischer Tier- und Landschaftsmaler. Früher Erfolg machte ihn finanziell unabhängig: Vom Honorar für seine Illustrationen im populären deutschen Nachschlagewerk "Brehms Tierleben" kaufte er sich eine Schiffspassage nach Ost-Afrika, um endlich Tiere in ihrer natürlichen Umgebung studieren und malen zu können.

Bildergalerie Ausstellung Wilhelm Kuhnert, Das Bild von Afrika
Sehnsucht nach Afrika: Der Maler Kuhnert in seinem Berliner AtelierBild: Nachlass Wilhelm Kuhnert

Die akademische Malerei fand im Deutschen Kaiserreich weitgehend im Atelier statt. Oft mussten die Maler mit ausgestopften Tierpräparationen vorlieb nehmen. Zum Malen raus in die Natur zu gehen oder sogar in ferne Länder zu reisen, wagten die wenigsten Künstler. Kuhnerts niederländischer Künstler-Kollege Vincent van Gogh war mit seinen naturalistischen Landschaftsbilder seiner Zeit damals weit voraus und galt als revolutionär.

Tierstudien in freier Wildbahn

Schon früh interessierte sich Wilhelm Kuhnert als junger Maler für afrikanische Wildtiere. Majestätische Exponate wie der "König der Tiere", der Löwe, oder auch Elefanten, Büffel und andere exotische Wildtiere galten in dieser von kolonialem Machtstreben geprägten Zeit als Symbole der Stärke und Macht. Im ganzen Reich standen Löwenskulpturen vor Palästen, Residenzen und Botschaften.

Um naturgetreue Zeichnungen dieser Wildtiere ganz im akademischen Stil anzufertigen, war der junge Maler anfangs auf die Zoologischen Gärten angewiesen. Im ortsansässigen Berliner Zoo hatte er eine große Auswahl an Motiven, aber das Abmalen gefangener Zootiere langweilte ihn. Er suchte neue künstlerische Herausforderungen, ihn zog es in die freie Natur, wo er sich mehr Inspiration erhoffte.

Kolonialismus als Alltagkultur

Bildergalerie Ausstellung Wilhelm Kuhnert, Das Bild von Afrika
Die Kölner Schokoladenfirma Stollwerck verwendete Motive von Kuhnert für SammelbildchenBild: Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv Köln

In Europa war der Markt für dekorative Tiergemälde und –Skulpturen enorm angewachsen. Großwildjägerei, vor allem in Afrika, war eine prestigeträchtige Modeerscheinung, an der auch die Damen der feinen Gesellschaft Freude hatten. Kuhnert war äußerst geschäftstüchtig, verkaufte später seine großformatigen Ölbilder an finanzkräftige Kunstsammler der oberen Gesellschaftsschichten.

Für die proletarische Bevölkerung gab es damals afrikanische Tiermotive als Sammelbildchen in Zigaretten- und Schokoladenpackungen. Die Kölner Schokoladenfabrik Stollwerck brachte ganze Alben, nicht nur für Kinder, heraus, die diesen kolonialen Zeitgeist widerspiegelten. Auch Kuhnert steuerte Tier-Motive bei.

Ohne einen Tross von Trägern, Dienern und Schutzsoldaten war er bei seinen künstlerischen Exkursionen nie unterwegs. Ende des 19. Jahrhundert kämpfte der Maler sogar selbst - während der Maji-Maji-Aufstände - für die Kolonialtruppen des deutschen Kaiserreiches.

Leihgaben aus zoologischen Gärten

Die großformatigen Tiergemälde von Wilhelm Kuhnert sind heute vor allem in privaten Sammlungen und Zoologischen Gärten zu finden, verstreut auf der ganzen Welt. "Man bekommt die Kontakte häufig über Galeristen oder Auktionshäuser", berichtet Kuratorin Ilka Voermann im DW-Interview. Bei ihrer Recherche nach Leihgaben wurde sie in den USA fündig: "Im National Museum of Wild Life Art in Jackson/Wyoming haben die Gemälde von Kuhnert seit langem ihren festen Platz."

Bildergalerie Ausstellung Wilhelm Kuhnert, Das Bild von Afrika
"Askari" (1906): Kuhnerts Gemälde prägten in der deutschen Kolonialzeit das Bild von AfrikaBild: Jens Weyers

Philipp Demandt, Initiator der Ausstellung und Direktor der Schirn Kunsthalle, beschäftigt sich seit langem mit dem "Tier in der Kunst". 2015 hat er ein Buch über "Löwen-Kuhnert" geschrieben. "Wie kein anderer Maler hat er die Vorstellung von Afrika in Europa geprägt", sagt Demandt. Die Erben von Wilhelm Kuhnert vertrauten dem Museum seine bisher unveröffentlichten Tagebücher an, eine kostbare Leihgabe von historischem Wert.

Die Frankfurter Werkschau konnte dadurch ganz persönliche Facetten dieses Künstlerlebens aufblättern, das im kolonialen Ost-Afrika seine Erfüllung fand - bei der Beobachtung von Löwen zum Beispiel. "Die Geduld möchte man manchmal verlieren", vertraute Wilhelm Kuhnert seinem Tagebuch an. "Dabei brennt einem sengend die heiße Sonne ganz gehörig auf den Körper. Die Ölfarben laufen wie Wasser von der Palette. Mit einem Wort, das Malen hier ist keine Leichtigkeit!"

Die Ausstellung "König der Tiere. Wilhelm Kuhnert und das Bild von Afrika" in der Schirn Kunsthalle Frankfurt ist noch bis zum 27. Januar 2019 zu sehen. Der Katalog mit 170 Abbildungen ist in deutsch und englisch im Hirmer Verlag erschienen. (ISBN: 90978-3-7774-3128-4)