Buntes Bauhaus
21. Juli 2009Dreieck, Kreis, Quadrat: Es ist das Spiel mit der Form, das die Bauhaus-Architektur und das Bauhaus-Design berühmt gemacht hat. Ablesbar an Objekten wie der bekannten Bauhaus-Wiege, der Wagenfeld-Leuchte oder den zahlreichen Architekturentwürfen. Diese Seite des Bauhauses ist bekannt, auch sie ist Teil der Jubiläumsausstellung im Martin-Gropius-Bau in Berlin. Mit rund 1000 Objekten ist es die wohl umfassende Schau zum Bauhaus. Sie wurde von den drei Institutionen erarbeitet: dem Bauhaus-Archiv in Berlin, der Klassik Stiftung Weimar und der Stiftung Bauhaus Dessau.
Buntes Bauhaus
Über die bekannten Details hinaus vermittelt die Ausstellung jedoch einen überraschend vielfältigen und bunten Eindruck des sonst oft kühl und sehr "weiß" wirkenden Bauhaus-Stils. Die Kunstschule war mehr als nur Raster und Würfel, internationale Kunstbewegungen spiegelten sich ebenso wider, wie auch das Bauhaus selbst auf die internationale Avantgarde ausstrahlte. "Uns geht es darum, das Bauhaus in seinen vielen Brüchen und verschiedenen Ansätzen zu zeigen," betont die Direktorin des Bauhaus-Archivs, Annemarie Jaeggi.
Seltene Stücke
So steht im Mittelpunkt der Ausstellung der permanente Reformprozess, dem sich die Schule unterzog - von seinen Anfängen in Weimar über die Dessauer Jahre ab 1925 bis hin zu der kurzen Phase in Berlin ab 1932.
Neben den bekannten Bauhaus-Entwürfen und -Produkten bietet die Schau mit zahlreichen Objekten, die noch nie oder selten gezeigt wurden, einen neuen Blick auf die Entwicklung der Schule. Aus der frühen Bauhaus-Zeit in Weimar ist der Afrikanische Stuhl zu sehen. Marcel Breuer, Schöpfer des berühmten Stahlrohrsessels, hat ihn 1921 gemeinsam mit der Textilgestalterin Gunta Stölzl entworfen. 80 Jahre war dieser Stuhl nur von Fotos bekannt, erst 2004 tauchte das Original auf und konnte für das Bauhaus-Archiv in Berlin erworben werden: ein hoher, buntbemalter und mit buntgewebtem Textil bespannter Holzlehnstuhl. Auch das ist Bauhaus.
Die experimentelle Anfangsphase des Weimarer Bauhauses wird ab 1925 abgelöst von einer auf industrielle Gestaltung orientierenden Lehre. Ab jetzt steht die Architektur im Mittelpunkt, das Bauhaus erhält sein erstes eigenes Schulgebäude, das zugleich zur Ikone der Bauhaus-Idee wird. Die Meisterhäuser, aber auch die Mustersiedlung Törten entstehen. Gute Gestaltung zu erschwinglichen Preisen für die breite Masse ist das Ziel der Arbeit in den Design-Werkstätten, die auf Serien-Fertigung abzielen.
Der letzte Schlag gegen das Bauhaus
Außerdem wird die kurze Phase der Hochschule unter ihrem dritten Direktor Ludwig Mies van der Rohe bis 1933 in Berlin beleuchet. Von Anbeginn war das Bauhaus politischen Angriffen ausgesetzt gewesen, flüchtete unter politischem Druck von Weimar nach Dessau und von dort nach Berlin. Hier schließlich wurde sein Ende besiegelt. Eine prophetische Arbeit aus dem Jahr 1932 nimmt das Ende vorweg: Iwao Yamawaki, einer von drei japanischen Bauhausschülern, thematisiert den Schlag der Rechten gegen das Bauhaus, in dem er Aufnahmen von marschierenden SA-Leuten, protestierenden Bauhäuslern und ein Detail des Dessauer Schulgebäudes mit dem markanten Schriftzug zu einer Collage montiert. Doch mit dem politischen Ende des Bauhauses begann auch sein globaler Erfolg: Viele Bauhäusler mussten emigrieren und nahmen ihre Ideen und Produkte mit. Ein weltweiter Siegeszug des Bauhauses setzte ein.
Bauhaus als Marke
Mit der Ausstellung üben die drei Veranstalter aus Weimar, Dessau und Berlin zugleich Kritik an dem Umgang mit dem Begriff "Bauhaus" als Marke. "Uns wird der Begriff Bauhaus viel zu sorglos behandelt", sagt Annemarie Jaeggi, Direktorin des Berliner Bauhaus-Archivs, "er ist zu einem Etikett geworden, den man auf alles klebt, was irgendwie modern aussieht, oder was man benutzt, um sich selbst einen Anspruch von Avantgarde zu geben." Die Ausstellung zeigt das Bauhaus in seinen vielfältigen Facetten, die international Wirkung entfalteten, aber keinen Stil prägten.
Die Trivialisierung des Bauhauses thematisiert die amerikanische Künstlerin Christine Hill in ihrer Installation "Do-it-yourself-Bauhaus" im Lichthof des Gropius-Baus: Ein ironischer Kommentar auf eine Ikone, deren Produkte längst von der Konsum- und Alltagskultur adaptiert werden.
Autorin: Sigrid Hoff
Redaktion: Elena Singer