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Kerry nach Clinton?

Christina Bergmann, Washington19. Dezember 2012

Derzeit ist nur noch ein Name im Gespräch für die Nachfolge von Hillary Clinton: der des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten John Kerry. Der demokratische Senator hat große außenpolitische Erfahrung.

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US Senator John Kerry
Bild: Reuters

Es ist eine Herkulesaufgabe, für die US-Präsident Barack Obama derzeit eine neue Besetzung sucht: für das Amt des Außenministers oder der Außenministerin der USA. Er oder sie muss auf allen Kontinenten zuhause sein, sich im Nahen Osten genauso auskennen wie in Asien und Europa, ist ständig unterwegs, und hat außerdem ein Heer von Diplomaten zu managen, die auf der ganzen Welt verstreut sind. Außerdem gehört es zu den Aufgaben des Amtes, beim Kongress den nötigen Etat einzufordern und Schritt zu halten mit den sich ständig wandelnden technischen Herausforderungen.

Amtsinhaberin Hillary Clinton hat schon seit langem erklärt, dass für sie am Ende dieser Amtszeit Schluss ist. Ihr derzeitiger Gesundheitszustand dürfte sie darin bestärken: Geschwächt und dehydriert durch einen Magenvirus hatte sie das Bewusstsein verloren, war gestürzt und hatte sich eine Gehirnerschütterung zugezogen. Von der erholt sie sich derzeit Zuhause.

Rice' Verzicht macht den Weg frei

Als Favoritin für ihre Nachfolge galt lange Zeit die derzeitige US-Botschafterin bei der UNO, Susan Rice. Doch nach erbitterten öffentlichen Angriffen der Republikaner nach ihren Äußerungen in Bezug auf den Angriff auf die US-Vertretung in Bengasi, und nachdem führende Republikaner erklärten, sie würden ihrer Nominierung niemals zustimmen, hatte Rice die Konsequenzen gezogen. Sie erklärte, sie stehe für das Amt nicht zur Verfügung. So sieht es derzeit danach aus, als würde nach der Republikanerin Condoleezza Rice und Clinton wieder einmal ein Mann die internationale diplomatische Vertretung der USA übernehmen.

Die amerikanische UN Botschaftlerin Susan Rice REUTERS/Allison Joyce/Files (UNITED STATES - Tags: POLITICS)
Susan Rice hat sich selber ins Abseits gedrängt

In allen Diskussionen wird derzeit nur noch ein Name genannt: der von John Kerry, Senator aus Massachusetts. Der 69-Jährige ist seit 1984 im Senat und dort seit knapp drei Jahren Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Beziehungen. Der Vietnam-Veteran spielte eine wichtige Rolle bei der Aufdeckung des Iran-Contra-Skandals 1987/88 und er setzte sich für die Aussöhnung zwischen den USA und Vietnam auf politischer Ebene ein.

In Hillary Clintons Tradition

Michael O'Hanlon vom Washingtoner Brookings-Institut hält Kerry für eine "gute Wahl": "John Kerry ist die beste Möglichkeit, wenn es darum geht, die Politik von Hillary Clinton nahtlos fortzuführen." Beide, so sagte O'Hanlon der DW, wissen sich auf der politischen und diplomatischen Bühne zu bewegen, "sind pragmatisch und gewissenhaft, arbeiten hart und können gut mit der Statur, dem Prestige und dem Rampenlicht" des Amtes umgehen. Und: Sie stehen als ehemalige Präsidentschaftsbewerber auf gleicher Augenhöhe mit dem Präsidenten.

Wenn es darum geht, im Kongress um Geld für das Außenministerium zu bitten, könnte  der langjährige Senator auf seine guten Beziehungen im Kongress zurückgreifen. Und Schwierigkeiten bei seiner Bestätigung durch den Senat sind nicht zu erwarten. "Wir wissen alle, wer John Kerry ist", sagt Michael O'Hanlon - schließlich hat ihn das ganze Volk als Präsidentschaftsbewerber 2004 kennen gelernt. Und die Republikaner haben ihn auf Herz und Nieren geprüft. Die Animositäten von damals, die in dem Vorwurf gipfelten, der hochdekorierte Marineveteran habe durch seine späteren pazifistischen Äußerungen seine Kameraden verraten, scheinen in den Hintergrund zu treten.

Symbolbild zur Aussenpolitik der USA Fotolia/mucft
Kontinuität wäre das Stichwort in der US Aussenpolitik unter KerryBild: Fotolia/mucft

Größere Kabinettsumbildung

Kerrys republikanische Kollegen im Senat haben jedenfalls bereits signalisiert, dass sie seiner Nominierung zustimmen würden, allen voran John McCain, selbst gescheiterter Präsidentschaftskandidat. Der republikanische Senator nannte Kerry bei einer Pressekonferenz bereits öffentlich "Herr Minister" - wenn auch nur im Scherz. Kerry selbst würde das Amt gerne übernehmen - er arbeitet seit Jahren an seinen außenpolitischen Meriten und war immer wieder für Präsident Obama als Missionär unterwegs, unter anderem in Afghanistan und Pakistan.

Eine eigene Agenda ist von ihm allerdings nicht zu erwarten, die Ausrichtung der amerikanischen Außenpolitik in den Schwerpunkten Nahost-Konflikt, Atomstreit mit dem Iran, Russland, Asien wird Kerry nicht grundsätzlich ändern. Auch sein gutes Verhältnis zu Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und sein Interesse am Nahost-Friedensprozess können nur von Nutzen sein, wenn der Präsident ein entsprechendes Signal gibt, so Michael O'Hanlon. Und sein Vermittlungsgeschick mit Vietnam könnte ihm für mögliche Verhandlungen mit Nordkorea helfen, aber nur, wenn von den Nordkoreanern auch etwas zurück kommt. "Für eine große Kerry-Agenda hätte Hillary [Clinton] etwas übersehen müssen", sagt O'Hanlon, die aber habe ihre Sache gut gemacht.

So ist das einzige, was gegen Kerry spricht, die Tatsache, dass er ein älterer weißer Mann ist - genauso wie der Republikaner Chuck Hagel. Obama könnte zögern, ein so homogenes Kabinett aufzustellen, nachdem er sich bisher - auch bei seinen Nominierungen für den Supreme Court - um Diversität bemüht hat. Hagel, der frühere Senator aus Nebraska, wird derzeit als künftiger Verteidigungsminister gehandelt. Seine Nominierung ist allerdings wesentlich unsicherer als die von Kerry. Ebenfalls neu zu besetzen sind der CIA-Chefposten und der des Finanzministers. Wann genau die Kabinettsumbildung stattfindet und ob alle Posten auf einmal besetzt werden - und ob die Wahl für das Außenministerium dann tatsächlich auf Kerry fällt, das weiß derzeit vermutlich nur einer ganz genau: der Präsident.

CIA director Leon Panetta, Finanzminister Tim Geithner and Aussenministerin Hillary Rodham Clinton (AP Photo/J. Scott Applewhite)
Diese drei räumen ihre Posten: Leon Panetta (Verteidigung), Timothy Geithner (Finanzen) und Hillary ClintonBild: AP