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Wird Wetter durch KI genauer vorhersagbar?

22. April 2024

Zu wissen, wie das Wetter genau wird, ist vor allem für Landwirtschaft und Industrie wichtig - speziell bei Extremwetter. Aber oft sind die Prognosen nicht präzise.

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Eine Wetter-App auf einem Smartphone
Wettervorhersagen sind nicht so zuverlässig, wie die App auf dem Handy es suggeriert.Bild: Robert Guenther/dpa/picture alliance

Warum sind Wetterprognosen ungenau?

Im Laufe der Jahre sind die Wetterprognosen viel präziser geworden, weil Messstationen, Satelliten, Schiffe, Bojen und auch Verkehrsflugzeuge permanent Daten sammeln. Am Boden und in der Luft werden zum Beispiel die Temperatur, der Luftdruck und der Niederschlag gemessen. Die Daten werden dann von Computern auf Grundlage von physikalischen Gesetzen verarbeitet. So lassen sich dann - je nach Wetterlage - sehr präzise Vorhersagen für einen bestimmten Zeitraum erstellen.

Allerdings ist unsere Atmosphäre ein sogenanntes "chaotisches System". Wie beim Schmetterlingseffekt können "selbst kleinste Unterschiede in der Temperatur, im Druck, im Wind an relativ weit entfernten Orten und auch mit einem zeitlichen Verzug eine große Wirkung zeigen", sagt Meteorologe Peter Knippertz vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gegenüber der DW.

Das Messraster ist für solch ein chaotisches System zu grob. "Selbst mit immer größeren Computern und immer besseren Satelliten oder anderen Messsystemen wird immer eine Unsicherheit bleiben", erklärt Knippertz. Da absolute Vorhersagen deshalb unmöglich sind, arbeitet die Meteorologie mit Wahrscheinlichkeiten dafür, ob es Regen, Gewitter oder Sturm gibt.

Warum sind Wetter-Apps oftmals noch unzuverlässiger?

Wetter-Apps auf dem Smartphone suggerieren, dass sie sehr präzise sind und "zehn Tage in die Zukunft, Postleitzahl-genau vorhersagen, wie das Wetter wird", so Knippertz. Dabei liefern Apps stark komprimierte Informationen. "Wenn die App zum Beispiel 21 Grad mit leichter Bewölkung vorhersagt, denkt der Nutzer: Okay, das scheint sehr präzise zu sein." Dabei gelten natürlich auch für die Apps die gleichen Unsicherheiten, aber das wird nach Ansicht des Meteorologen oft nicht wirklich kommuniziert.

Außerdem gibt es keine weltumspannende Qualitätskontrolle für Wetter-Apps. "Das ist ja inzwischen ein offener Markt, jeder kann seine eigene Wetter-App programmieren und an den Markt bringen, und zum Beispiel über Anzeigen Geld verdienen. Woher die Informationen genau kommen und wie sie genau aufbereitet werden, das werden die meisten kommerziellen Anbieter nicht unbedingt der Öffentlichkeit mitteilen", erklärt Knippertz.

Wie funktioniert eine Wettervorhersage?

Wird Künstliche Intelligenz künftig die Prognosen verbessern?

Bisher basieren Wettervorhersagen auf physikalischen Modellen. Vorhersagen von Künstlicher Intelligenz (KI) sind dagegen vor allem Daten-orientiert und somit eher statistisch. Aus vorhandenen Wetterdaten leitet die KI Muster und Strukturen ab und erstellt anhand eines Algorithmus entsprechende Wettervorhersagen. Physikalische Gesetze werden also eher indirekt erlernt.

Zwar seien die Fortschritte der KI auch in der Meteorologie beeindruckend, so Knippertz, aber da KI die Muster aus Daten der Vergangenheit erhebt und von einem Mittelwert ausgeht, komme die KI vor allem bei extremeren Wetterlagen auch an ihre Grenzen. "Deshalb sollten wir in Zukunft immer mehr versuchen, hybride Vorhersagesysteme zu bauen, die konventionelle Methoden mit physikalischen Gleichungen und KI-Methoden verbinden, um das Risiko einer Fehlvorhersage noch weiter zu reduzieren."

Können KI-Vorhersagen in strukturschwachen Gebieten eine Alternative sein?

Da längst nicht alle Regionen weltweit über Daten von Messstationen, Bojen etc. verfügen, ruhen die Hoffnungen für zuverlässige Prognosen auf KI. Meteorologe Knippertz ist da skeptisch: "Wir brauchen in den Regionen der Welt, wo es bisher wenig Beobachtungen gibt, mehr Anstrengungen, auch vielleicht der internationalen Community, diese Lücken zu schließen. Für die Weltmeteorologie wäre es mit Blick auf Wetterextreme wichtig, dass wir auch Wetterbeobachtungskapazitäten in Afrika, Lateinamerika oder Südostasien ausbauen. Diese Aufgabe kann uns KI meiner Meinung nach nicht abnehmen."

Gestrandete Boote im Hafen von Manaus wegen Dürre im Amazonasbecken
Langanhaltende Dürren am Amazonas - durch den Klimawandel werden Wetterextreme zunehmenBild: Lucas Silva/dpa/picture alliance

Wie verändert der Klimawandel die Wettervorhersagen?

Auch der Klimawandel ändere nichts an den physikalischen Gesetzen und grundsätzlichen Problem der Wettervorhersage. Allerdings verschieben sich die Klimazonen und damit auch die zum Teil extremen Wetterlagen. "Tornados, Starkregen oder auch Dürren können dann noch heftiger ausfallen, als sie es in der Vergangenheit getan haben, und dadurch ist die Auswirkung auf den Menschen auch entsprechend größer."

Daraus entstehen "neue Herausforderungen in der Vorhersage, im Warnprozess, aber auch in der Bereitschaft der Bevölkerung, dann solche Warnungen ernst zu nehmen und sich entsprechend zu verhalten", so Knippertz. 

Paar steht vor verwüsteten Häusern an der Ahr
Bei der verheerenden Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal in Deutschland wurden Warnungen ignoriert oder erst viel zu spät ausgesprochenBild: Abdulhamid Hosbas/AA/picture alliance

Warum sind Unwetterwarnungen oftmals so dramatisch?

Bei Starkregen, Gewittern oder Stürmen sind die behördlichen Warnhinweise oftmals dramatischer als das dann lokal auftretende Wetterereignis. Das sorgt zuweilen für Unverständnis oder eine gewisse Abstumpfung. "Wenn Leute evakuiert werden, und es passiert nichts, bricht danach oft in den sozialen Medien und im Internet ein Shitstorm los", sagt Knippertz. "'Was war das jetzt für ein Blödsinn? Sind die eigentlich alle total verrückt? Was für eine Hysterie!'"

Warnungen seinen immer eine schwierige Abwägung, so Knippertz: "Die Kosten einer Evakuierung - ich schlaf mal eine Nacht in der Turnhalle auf der Isomatte - sind in meinen Augen sehr klein gegenüber einem grausamen Ertrinkungstod im eigenen Keller. Aber dafür gibt es in meinen Augen zu wenig Bewusstsein und zu wenig Verständnis in der Bevölkerung."

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund