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Sarina Wiegman, die Meisterinnen-Macherin

18. August 2023

Bei der Frauenfußball-WM 2023 steht Sarina Wiegman zum vierten Mal in Folge als Nationaltrainerin im Endspiel einer EM oder WM. Die Niederländerin scheint so etwas wie eine eingebaute Final-Garantie zu haben.

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Englands Cheftrainerin Sarina Wiegman in einer Winterjacke, darauf das Emblem der "Three Lions".
Sarina Wiegman greift mit England nach ihrem ersten WM-TitelBild: Isabel Infantes/empics/picture alliance

Schon als kleines Mädchen wollte Sarina Wiegman vor allem eines: Fußball spielen. Auch mit den Jungs in ihrer Heimatstadt Den Haag. "Ich ließ mir die Haare sehr kurz schneiden, um nicht aufzufallen", erzählte die Niederländerin später gegenüber fifa.com. Mit sechs Jahren begann Wiegman im Verein zu spielen. Mit 17 gab sie ihr Länderspieldebüt, mit 20 zog sie in die USA - um zu studieren, vor allem aber, um dort Fußball zu spielen. Es sei wie im Paradies gewesen, erinnerte sie sich: "Für mich waren die dortigen Möglichkeiten eine echte Inspiration. Von diesem Moment an habe ich davon geträumt, eine ähnliche Situation in meiner Heimat zu erleben."

Als defensive Mittelfeldspielerin wurde sie zweimal niederländische Meisterin. Und sie war die erste Nationalspielerin des Oranje-Teams, die mehr als 100 Länderspiele bestritt. 104 waren es am Ende, als Wiegman 2003 die Fußballschuhe an den Nagel hängte. Damals war die Spielerin zum zweiten Mal schwanger. Mit ihrem Ehemann Marten Glotzbach hat Wiegmann die Töchter Sacha und Lauren, die inzwischen beide erwachsen sind.

Dreimal Welttrainerin des Jahres

Weil das Oranje-Team regelmäßig in der Qualifikation scheiterte, war es Wiegman als Spielerin nicht vergönnt, bei einem großen Turnier aufzulaufen. Das schaffte sie erst später als Trainerin. Zunächst arbeitete sie erfolgreich auf Vereinsebene, wo sie zwei niederländische Meister- und drei Pokaltitel sammelte. 2014 heuerte Wiegman beim niederländischen Fußballverband KNVB an, erst einmal als Co-Trainerin der Nationalmannschaft, die 2015 erstmals bei einer WM startete und auf Anhieb das Achtelfinale erreichte. Nach dem Turnier sprang Wiegman für zwei Monate als Interims-Bondscoach ein, wechselte danach aber wieder in die zweite Reihe. Im Dezember 2016 wurde sie schließlich als Nachfolgerin des entlassenen Arjan van Laan Cheftrainerin.

Wiegman während der WM 2019 im Kreis des niederländischen Teams
Als Bondscoach der Niederländerinnen wurde Wiegman (Mitte) Europameisterin und Vizeweltmeisterin Bild: Richard Sellers/empics/picture alliance

Nur wenige Monate blieben Wiegman, um ihr Team auf die Europameisterschaft 2017 im eigenen Land vorzubereiten. Es gelang ihr mit Bravour. Die Mannschaft um Topstürmerin Lieke Martens gewann bei der Heim-EM mit begeisterndem Offensivfußball alle Spiele, auch das Finale gegen Dänemark. Martens wurde später zur Weltfußballerin 2017 gekürt, Wiegman zur Welttrainerin des Jahres. Zwei weitere dieser Ehrungen (2020 und 2022) sollten später folgen.

Von den niederländischen zu den englischen Löwinnen

Bei der WM 2019 überzeugte Wiegmans Team erneut. Erst im Endspiel fanden die Niederländerinnen im US-Team um Superstar Megan Rapinoe ihren Meister. Im September 2021 wechselte Wiegmann von den Oranje-"Leeuwinnen" zu den englischen "Lionesses". Und es war wie ein Déjà Vu: Wieder stand eine Heim-EM an. Wieder hatte die Nationaltrainerin nur wenige Monate Zeit, ihr neues Team darauf einzustellen. Wieder begeisterte die Mannschaft. Wieder holte sie den Titel: mit einem 2:1-Erfolg im Finale gegen das von Martina Voss-Tecklenburg trainierte DFB-Team.

 

Sarina Wiegman hält nach dem Finalsieg 2022 lächelnd den EM-Pokal in Händen.
Mit den "Lionesses" gewann die Erfolgstrainerin 2022 ihren zweiten EM-TitelBild: Daniela Porcelli/firo/picture alliance

"Man kann sie gar nicht genug loben", sagte EM-Torschützenkönigin Beth Mead über ihre Trainerin Wiegman. "Wir haben immer einen ganz klaren Plan. Und immer einen Plan B, C und D in der Tasche, wenn es nicht so läuft." Einen solchen Alternativplan benötigte Wiegman auch für die WM in Australien und Neuseeland, denn Torjägerin Mead wurde nach einer Verletzung nicht rechtzeitig fit. Doch auch ohne die beste Spielerin der EM 2022 führte Wiegman die "Lionesses" mit einem 3:1-Sieg im Halbfinale gegen Co-Gastgeber Australien ins Endspiel. Gegner ist am Sonntag Spanien. Damit steht die 53-Jährige zum vierten Mal in Serie im Finale einer EM oder WM.

Im Halbfinale war Wiegman die letzte im Turnier verbliebene Nationaltrainerin, die anderen drei Teams wurden von Männern betreut. Mark Bullingham, Direktor des englischen Fußballverbands FA, schloss nicht aus, dass Wiegman eines Tages auch eine Kandidatin für den Teammanager-Posten des Männer-Nationalteams sein könnte. "Die Leute sagen immer, es ist der beste Mann für den Job oder der beste Engländer", so Bullingham. "Warum muss es ein Mann sein?" Im Gegensatz zu ihrer Kindheit müsste sich Wiegman in diesem Fall auch nicht ihre Haare kurz schneiden lassen.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter