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Politik

Worum es bei Trumps Impeachment-Prozess geht

Oliver Sallet
9. Februar 2021

Die US-Demokraten werfen dem Ex-Präsidenten "Anstiftung zum Aufruhr" vor. Sie wollen ihn dafür auch nach dem Abschied aus dem Weißen Haus zur Rechenschaft ziehen. Die Hintergründe.

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Ex-US Präsident Donald Trump
Bye bye Donald Trump: Nach dem Willen der Demokraten soll er auch künftig kein hohes Amt mehr übernehmen könnenBild: Alex Edelman/AFP/Getty Images

USA: Spaltung oder Heilung?

Was ist der Vorwurf gegen Donald Trump?

Eigentlich sollte es nur eine Formalität werden, als der US-Kongress am 6. Januar zusammenkam, um das Abstimmungsergebnis des Wahlleutekollegiums zur kommenden Präsidentschaft endgültig zu zertifizieren. Eine letzte Formalie, durch die beide Parteien - Republikaner und Demokraten - im Kongress Joe Bidens rechtmäßigen Sieg bestätigen sollten.

Normalerweise geht dieses Prozedere reibungslos über die Bühne. Doch diesmal kam es anders. Das Kapitol, wo sich die Abgeordneten beider Parlamentskammern versammelt hatten, wurde von einem Mob gestürmt, der zuvor durch den Noch-Präsidenten Donald Trump aufgehetzt worden war. Bei einer Rede zur angeblich gestohlenen Wahl rief er Tausende Anhänger zum Widerstand auf.

Washington | Sturm auf Kapitol
Donald Trump wird "Aufruf zur Aufruhr" vorgeworfen: Der Sturm aufs Kapitol forderte auch mehrere MenschenlebenBild: Stephanie Keith/REUTERS

Die nahmen das wörtlich und drangen wie ein Rollkommando mit Gewalt in die Herzkammer der US-Demokratie, das Kapitol, ein. Fünf Menschen starben, darunter ein Polizist. Der Vorwurf gegen Donald Trump lautet nun: Aufruf zum Aufruhr. Nach dem erfolglosen Impeachment vor einem Jahr wegen seiner Bemühungen um Wahlkampfhilfe aus der Ukraine, muss sich Trump erneut einem Amtsenthebungsverfahren stellen - und das, obwohl er gar nicht mehr regiert.

Was passiert als Nächstes?

Am 9. Februar beginnt im Senat das zweite Amtsenthebungsverfahren gegen Trump. Es ist das erste Mal in der US-Geschichte, dass ein Präsident zwei Mal ein solches Verfahren durchlaufen muss - auch ist es erstmalig, dass der Angeklagte zu Beginn der Verhandlungen gar nicht mehr im Amt ist.

Zwar hatte die eine Parlamentskammer, das Repräsentantenhaus, das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump noch zu dessen Amtszeit in die Wege geleitet. Das eigentliche Verfahren vor der anderen Kammer, dem Senat, findet aus Zeitgründen jedoch nun erst nach der Amtseinführung des neuen Präsidenten Joe Biden statt - und das erhitzt, wie bei so vielen Fragen rund um die Personalie Trump, die Gemüter der Wähler, der Demokraten sowie der Republikaner.

Warum soll ein ehemaliger Präsident des Amtes enthoben werden?

Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sinnvoll es überhaupt ist, einen ehemaligen Präsidenten des Amtes zu entheben. Der republikanische Senator aus Pennsylvania, Doug Mastriano, der - bevor der Mob los stürmte - mit den aufgebrachten Trump-Anhängern zum Kapitol marschiert war, hält das Verfahren für einen "furchtbare Idee" und verweist darauf, dass es in der US-Geschichte erst vier Amtsenthebungsverfahren gab, davon jedoch zwei in den vergangenen 13 Monaten.

Washington Senat Trump Impeachment Verfahren Jamie Raskin
Der Demokrat Jamie Raskin ist Chefankläger im Impeachment-Verfahren - auch er musste sich vor dem Mob verstecken Bild: Senate Television /AP/picture alliance

"Es wird nicht dazu beitragen, die Nation wieder zusammenzubringen", sagte Mastriano der DW. Joe Biden sollte das Amtsenthebungsverfahren abbrechen, denn es sei "zu symbolisch und bedeutungslos, da Trump bereits nicht mehr im Amt ist".

Die Demokraten hingegen setzten darauf, die Republikaner öffentlich zur Verantwortung zu ziehen, sagt Michael Cornfield, der an der George-Washington-Universität in Washington, D.C. Politikwissenschaften lehrt. Es war ein "nie da gewesener und schockierender Angriff auf die Demokratie", sagt Cornfield. Nun geht es um eine Art Gretchenfrage der Demokratie: "Die Demokraten wollen zu Protokoll geben, wo die republikanischen Senatoren stehen."

Wie sind die Aussichten auf eine Verurteilung Trumps?

Tatsächlich haben die Demokraten wegen ihrer knappen Mehrheit im Senat kaum Aussichten auf eine erfolgreiche Verurteilung Donald Trumps, zu der mindestens zwei Drittel der Stimmen im Senat notwendig wären, und damit eine breite Unterstützung durch die Republikaner.

Die Aussicht, Donald Trump die Möglichkeit zu nehmen, jemals wieder ein hohes Staatsamt zu übernehmen, ist ein weiterer Ansporn für die Demokraten. Für dieses Urteil könnte der Senat auch nur mit einer einfachen Mehrheit stimmen. Allerdings wäre dies erst nach einer erfolgreichen Amtsenthebung möglich, für die eben eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig ist. Die Demokraten setzen nun darauf, dass auch viele Republikaner Donald Trump leid sind und dessen mögliches Comeback bei der nächsten Präsidentschaftswahl unbedingt verhindern wollen.