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Wächter für Frieden

Ralf Bosen20. Oktober 2015

Keine internationale Organisation ist so komplex wie die UN. Wie funktioniert sie? Wo überall sind Blauhelmsoldaten im Einsatz? Welche Kompetenzen haben Sicherheitsrat und Vollversammlung? Ein Überblick gibt Antworten.

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Symbolbild UN Mission Soldat
Bild: AFP/Getty Images/P. MacDiarmid

Die Vereinten Nationen sind das Kind einer dramatischen Zeitenwende. Als die Staatengemeinschaft mit dem Inkrafttreten der UN-Charta am 24. Oktober 1945 gegründet wurde, war der Zweite Weltkrieg nur Wochen vorher mit der Kapitulation Japans auch in Asien zu Ende gegangen. Unter dem Eindruck dieser blutigen Erfahrungen setzten die UN-Gründungsmitglieder große Hoffnungen auf die Vereinten Nationen und gaben ihnen ehrgeizige Ziele mit auf den Weg.

Sie sollten vor allem den weltweiten Frieden wahren, die Einhaltung des Völkerrechts sowie die Menschenrechte sichern und die internationale Zusammenarbeit fördern. Auf der Gründungskonferenz in San Francisco am 26.06.1945 unterzeichneten Vertreter von 51 Staaten die Charta der Vereinten Nationen. Sie trat am 24.10.1945 in Kraft.

Die Menschenrechte

Rund drei Jahre später wurde die Charta um die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ergänzt. Erstmals hatten darin alle Staaten gemeinsam grundlegende Rechtsvereinbarungen festgelegt, die allerdings keinen bindenden Charakter für die Unterzeichner haben. Die Vereinten Nationen und ihre Unterorganisationen wurden mit vielen Auszeichnungen geehrt. Im Jahr 2001 bekamen die UN unter dem Vorsitz von Generalsekretär Kofi Annan den Friedensnobelpreis. Dieser ging 2005 auch an die Internationale Atomenergiebehörde der UN.

Die Skulptur einer Pistole mit verknotetem Lauf vor dem UN-Gebäude in New York symbolisiert den Friedensauftrag der Organisation.
Die Skulptur einer Pistole mit verknotetem Lauf vor dem UN-Gebäude in New York symbolisiert den Friedensauftrag der Organisation.Bild: imago stock&people

Derzeit gehören 193 Staaten dem weltweiten Zusammenschluss an. Sein Hauptsitz ist in New York. Drei weitere Verwaltungssitze sind in Genf (UN-Menschenrechtsrat, Hochkommissariat für Menschrechte), Nairobi (Umwelt- und Siedlungsprogramm) und Wien (unter anderem Internationale Atomenergiebehörde, Hochkommissariat für Flüchtlinge). In Den Haag befindet sich der Internationale Gerichtshof, der Rechtsstreitigkeiten zwischen Staaten regelt.

Die Organisation finanziert sich und ihre Missionen über Beiträge ihrer Mitglieder. Die Höhe wird in der Generalversammlung beschlossen. Der Mitgliedsbeitrag des jeweiligen Landes orientiert sich an Wirtschaftskraft und Verschuldung. Die drei größten Beitragszahler der Vereinten Nationen sind die USA (22 Prozent), Japan (10,8) und Deutschland (7,1 Prozent). Die UN-Verwaltung klagt immer wieder über Zahlungsmüdigkeit der Mitglieder. Für 2014 und 2015 beläuft sich das Budget auf rund 5,8 Milliarden US-Dollar.

Der Sicherheitsrat

Er ist das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen. Als einziges Organ der Organisation kann der Sicherheitsrat völkerrechtlich bindende Beschlüsse (Resolutionen) fassen. Etwa Sanktionen wie Handelsembargos oder militärische Einsätze der UN-Friedenstruppen. Der Sicherheitsrat soll den Weltfrieden und die internationale Sicherheit wahren und besteht aus 15 Mitgliedern. Die USA, China, Russland und Frankreich sowie das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland sind ständig im Rat vertreten und haben ein Veto-Recht.

Die Generalversammlung wählt für jeweils zwei Jahre zehn weitere Mitglieder der Vereinten Nationen zu nichtständigen Mitgliedern. Der Vorsitz wechselt monatlich. Damit der Sicherheitsrat einen Beschluss fassen kann, müssen ihm mindestens neun der fünfzehn Mitglieder zustimmen. Zusätzlich darf keines der ständigen Mitglieder sein Veto einlegen.

Die Vollversammlung

Die Generalversammlung, in der alle UN-Staaten sitzen, ist kein Weltparlament, denn seine Mitglieder werden nicht demokratisch gewählt, sondern von ihren Ländern entsandt. Ob diese Demokratien oder Diktaturen sind, spielt keine Rolle. Die Vollversammlung ist zentrales Beratungsorgan, genehmigt den Haushalt, ernennt den UN-Generalsekretär und entscheidet über die Besetzung von zentralen Ämtern. Jeder Mitgliedsstaat hat eine Stimme.

Vertreter der Sicherheitsrats-Staaten sitzen um einen runden Tisch.
Im Sicherheitsrat werden die wichtigsten Entscheidungen gefällt.Bild: Reuters/Brendan McDermid

Für Entscheidungen wird in der Vollversammlung je nach Tragweite eine einfache oder eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt. Anders als beim Sicherheitsrat sind Resolutionen und Beschlüsse völkerrechtlich nicht bindend. Dafür haben sie politisches Gewicht, weil die Mehrheit aller Staaten hinter den Entscheidungen steht.

Der Generalsekretär

Er ist höchster Diplomat und Repräsentant der Vereinten Nationen. Als Chef des UN-Sekretariates koordiniert er die Arbeit, stellt den Haushaltsplan auf, nimmt an Sitzungen der UN-Hauptorgane teil und erstattet diesen Bericht. Er warnt den Sicherheitsrat vor friedengefährdenden Konflikten. Zudem ernennt er Sonderbeauftragte und kann in Konflikten vermitteln und Friedenspläne vorschlagen.

Der Generalsekretär wird vom Sicherheitsrat vorgeschlagen und von der Vollversammlung für fünf Jahre gewählt. Eine Wiederwahl ist möglich. Kriterien bei der Kandidatenauswahl sind außenpolitische Erfahrungen und eine jeweils unterschiedliche geographische Herkunft. Ende 2016 wird der Posten neu besetzt. Immer wieder wird darüber diskutiert, dass nach acht Männern nun endlich eine Frau das Amt übernehmen sollte.

Die Blauhelmsoldaten

Eigentlich waren die Friedenssoldaten als Mittel der passiven Friedenssicherung nicht in der UN-Charta vorgesehen. Doch bittere Erkenntnisse aus Kriegen und Krisen führten zur Einsicht, dass es ohne militärische Hilfe nicht geht. Blauhelm-Missionen dienen meist der humanitären Hilfe sowie der Überwachung von Waffenstillständen und Kontrollen von Pufferzonen zwischen Konfliktparteien. Ein Mandat zur Entsendung von Blauhelmen erteilt nur der Sicherheitsrat. Über die Beteiligung ihrer Soldaten entscheiden die Mitglieds-Staaten.

Infografik UN-Friedensmissionen Deutsch

Zur Uniform ihres Herkunftslandes tragen die sogenannten Blauhelme entweder einen blauen Helm oder ein blaues Barett mit UN-Abzeichen. Die Anwendung von Waffengewalt ist ihnen nur zur Selbstverteidigung erlaubt oder bei einem sogenannten robusten Mandat zur Verteidigung von Mission und Zivilisten. Die meisten der weltweit rund 106.000 stationierten Armee- und Polizeikräfte kommen aus Südasien. Sie gelten als gut ausgebildet. Finanzielle Gründe spielen wohl auch eine Rolle bei den südostasiatischen Blauhelmen. Die UN zahlen ein Entsendegeld pro Kopf von 1000 Dollar, das deutlich über dem üblichen Sold in Südasien liegt. Für die Sicherung des Weltfriedens erhielten die UN-Blauhelme 1988 den Friedensnobelpreis.

Die Millenniumsziele

Zu den ehrgeizigsten Vorhaben der Vereinten Nationen zählen die acht Millennium-Entwicklungsziele. Im Jahr 2000 hatten sie UN, Weltbank, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie mehrere Nichtregierungs-Organisationen verabschiedet. Es geht um Verbesserungen bei der Bekämpfung extremer Armut und Hunger, der Schulausbildung für Kinder, der Gleichstellung der Geschlechter, der Verringerung der Kindersterblichkeit, der Gesundheitsversorgung von Müttern, der Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und anderen schweren Krankheiten sowie der Stärkung des Umweltschutzes und beim Aufbau einer weltweiten Entwicklungspartnerschaft.

Ende September 2015 wurden die Millenniumsziele von den UN-Mitgliedsstaaten um die Nachhaltigen Entwicklungsziele ergänzt. Danach soll bis 2030 weltweit Armut und Hunger verschwunden sein. Die Ziele treten am 1. Januar 2016 in Kraft. Im Unterschied zu den Millenniumszielen, die besonders Entwicklungsländern helfen sollten, gelten sie für alle Staaten.