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Tunesien in Aufruhr

27. Juli 2013

Noch ist nicht endgültig aufgeklärt, wer den Oppositionsspolitiker Brahmi erschossen hat - doch der Mord an dem linken Politiker treibt die Menschen in Tunesien auf die Straßen. Sie fordern den Rücktritt der Regierung.

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Trauerzug mit dem Sarg Mohamed Brahmis in Tunis (Foto: reuters)
Bild: Reuters

Bei der Beerdigung des ermordeten Oppositionspolitikers Mohamed Brahmi demonstrierten Zehntausende Menschen gegen die herrschenden Islamisten. Die Demonstranten skandierten regierungskritische Parolen, forderten den Sturz der Regierung und machten den Chef der Regierungspartei Ennahda, Rached Ghannouchi, für das Attentat verantwortlich.

Sicherheitskräfte begleiteten den Trauer- und Protestmarsch mit einem Großaufgebot. Hunderte Soldaten und Polizisten waren an der Strecke postiert, Militärhubschrauber flogen über die Menge hinweg. Brahmi wurde auf dem Friedhof El Jellaz neben dem im Februar ebenfalls ermordeten Oppositionspolitiker Chokri Belaid beigesetzt.

Mordopfer Mohamed Brahmi (Foto: dpa/picture alliance)
Mordopfer Mohamed BrahmiBild: picture-alliance/dpa

Später zogen Demonstranten vor die Verfassungsgebende Versammlung in der Hauptstadt Tunis. Die Polizei ging mit Tränengas gegen sie vor. Aufgeheizt wurde die ohnehin schon aufgeladene Stimmung von einem Bombenanschlag, der sich wenige Stunden zuvor nahe einer Polizeiwache ereignet hatte. Dabei sei ein Beamter leicht verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher. Der Sprengsatz sei unter einem vor dem Gebäude geparkten Polizeiauto detoniert.

Mordvorwürfe gegen Salafisten

Tunesiens Regierung macht radikale Salafisten für die Ermordung des Oppositionspolitikers Brahmi verantwortlich. Nach Angaben von Innenminister Lotfi Ben Jeddou wurde Brahmi mit derselben Waffe erschossen wie im Februar der Regierungskritiker Chokri Belaïd. Dies sei bei ballistischen Untersuchungen festgestellt worden. Namentlich nannte der Minister den polizeilich gesuchten Dschihadisten Boubaker Al Hakim. Ihm wird auch Waffenschmuggel aus Libyen vorgeworfen.

Tunesien in der Krise

Zweites prominentes Opfer

Der Abgeordnete Brahmi war am Donnerstag in einem Vorort von Tunis auf offener Straße erschossen worden. Der 58-Jährige gehörte in der Verfassungsgebenden Versammlung dem linken, laizistischen Lager an und leitete die Partei "Bewegung des Volkes". Nach dem Mord eskalierten die seit längerem bestehenden Spannungen im "Mutterland" des Arabischen Frühlings weiter. Am Freitag legten ein Generalstreik und Massenproteste die Hauptstadt Tunis lahm. Die gemäßigt-islamistische Regierungspartei Ennahda nahm unter dem Druck der Demonstrationen eine umfassende Kabinettsumbildung vor.

Massenprotest am Freitag in Tunis (Foto: AFP/Getty Images)
Massenprotest am Freitag in TunisBild: Fethi Belaid/AFP/Getty Images

Die tunesische Regierung hat den Übergang nach der Herrschaft Ben Alis zwar vergleichsweise friedlich gestalten können und kleinere weltliche Parteien an der Macht beteiligt. Viele Bürger sind allerdings enttäuscht, dass es ihr nicht gelang, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.

"Tunesien weiter sicheres Reiseziel"

Bundesaußenminister Guido Westerwelle nannte das Attentat gegen Brahmi einen Anschlag auf die junge Demokratie Tunesiens und forderte eine rasche Aufklärung. "Es darf kaltblütigen Mördern nicht gelingen, den Weg der demokratischen Transformation im neuen Tunesien aus den Angeln zu heben und die Errungenschaften der Revolution aufzugeben", erklärte der Minister in Berlin.

Trotz der angespannten Lage in Tunesien hält der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung das nordafrikanische Land weiter für ein sicheres Reiseziel. "Ich kann nur jeden Urlauber ermuntern, weiterhin nach Tunesien zu reisen", sagte Ernst Burgbacher (FDP) der Zeitung "Die Welt". Reise-Stornierungen seien kontraproduktiv und würden dem nordafrikanischen Land schwer schaden. Die touristischen Ziel seien von den Protesten in Tunis nicht betroffen.

qu/re (rtr, dpa, afp)