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GesellschaftDeutschland

Karlspreis für Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt

9. Mai 2024

Bei seiner Dankesrede fordert Preisträger Oberrabbiner Goldschmidt Europa dazu auf, mehr gegen Antisemitismus und für das europäische Judentum zu tun.

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Deutschland, Aachen | Internationaler Karlspreis 2024
Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt (Mitte) wurde in Aachen mit dem Karlspreis 2024 ausgezeichnet. Bild: Henning Kaiser/dpa/picture alliance

"Ich bin mit Leib und Seele Europäer!", beginnt Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt seine Dankesrede am Donnerstag in Aachen, honoriert durch den ersten Zwischenapplaus. In rund dreißig Minuten zeichnet er die Entwicklung des jüdischen Lebens in West- und Ost-Europa nach und spricht aktuelle Probleme an. 

Kurz zuvor hatte der Präsident der Konferenz der europäischen Rabbiner und der jüdischen Gemeinden  den diesjährigen Internationalen Karlspreis im Aachener Rathaus verliehen bekommen.

Preis geht auch an jüdische Gemeinschaften in Europa

Seit 1950 wird dieser jährlich an eine Persönlichkeit vergeben, die sich in besonderer Weise für die Europäische Einheit verdient gemacht hat. Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt kann sich damit neben Größen der Politik wie der ehemaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, US-Präsident Bill Clinton, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron oder dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, dem Preisträger des vergangenen Jahres, einreihen.

Deutschland ehrt Rabbiner Goldschmidt

Goldschmidt bedankte sich für den Erhalt des Karlspreises, den er als eine "außergewöhnliche Ehre" und "wichtiges Signal", bezeichnete. Das Karlspreis-Direktorium zeichnet Goldschmidt für sein herausragendes Wirken für den Frieden, die Selbstbestimmung der Völker und die europäischen Werte, wie etwa Toleranz und Pluralismus, sowie seinen Einsatz für den interkulturellen und interreligiösen Dialog aus, heißt es in der Begründung.

Doch der Preis geht nicht nur an Goldschmidt, sondern mit ihm auch an die jüdischen Gemeinschaften in Europa. Damit wolle man ein Zeichen setzen, dass für Antisemitismus in Europa kein Platz sei. Auf der überreichten Medaille ist eingraviert: "Jüdisches Leben gehört selbstverständlich zu Europa."

"Viel Platz für Antisemitismus in Europa" 

Das klinge vielleicht märchenhaft, befindet Goldschmidt in seiner Rede. Doch sei das Gegenteil der Fall. "Jüdisches Leben ist heute nicht selbstverständlich und es gibt viel Platz für Antisemitismus," mahnt er. Gerade seit dem Terrorangriff der militant islamistischen Hamas am 7. Oktober sei der nie erloschene Antisemitismus entfesselt. "Die Sicherheit und die Freiheit jüdischen Lebens in Europa sind ernsthaft bedroht," mahnt Goldschmidt.

Er wisse und sei dankbar um die Bemühungen der deutschen Bundesregierung und anderer europäischer Staaten, den jüdischen Menschen ein Leben in Sicherheit zu gewähren, doch reichten diese nicht. Denn wenn etwa antisemitische Vorfälle und Straftaten zunähmen, jüdisches Leben nur unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen stattfinden könnte und jüdische Menschen sich - aus Angst vor Gewalt - nicht trauten, sich als solche erkennen zu geben, sei das kein Leben in Freiheit.

Proteste an Unis: Pro-palästinensisch oder antisemitisch?

Seit dem 7. Oktober häufen sich die Berichte über antisemitisch motivierte Vorfälle und Straftaten. Allein in  Deutschland hatte sich die Zahl antisemitischer Vorfälle unmittelbar danach vervierfacht .

Mit dem Preis komme auch eine beiderseitige Verpflichtung

Der Preis sei ein "helles Leuchtfeuer der Hoffnung und der Solidarität." Aber auch eine Verpflichtung. Einerseits an ihn selbst, seine Arbeit für Europas Werte, die Versöhnung und die Demokratie noch intensiver fortzusetzen. Gleichzeitig sei es aber auch eine Selbstverpflichtung Europas für das Judentum in Europa zu kämpfen und sich gegen Antisemitismus stark zu machen. Dabei nannte Goldschmidt auch eine Reihe konkreter Maßnahmen, wie etwa die Intensivierung der Ermittlung und Ahndung antisemitisch motivierter Straftaten und ein strengeres Vorgehen gegen Terrororganisationen. Jetzt sei es an der Zeit für Taten.

 

DW Mitarbeiterin Lucia Schulten
Lucia Schulten Korrespondentin in Brüssel