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Wer führt Zentralafrika aus der Krise?

Stefanie Duckstein11. Januar 2014

Die Übergangszeit von Interimspräsident Michel Djotodia ist nach knapp einem Jahr im Amt schneller beendet, als er das erwartet hat. Sein Rücktritt wirft die Frage auf, wer die politische Führung übernehmen kann.

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Michel Djotodia, Ex-Präsident der Zentralafrikanischen Republik (Foto: Getty Images/Afp/Miguel Medina)
Bild: Getty Images/Afp/Miguel Medina

"Es ist vorbei! Es ist vorbei!" Jubelrufe Tausender Bewohner hallen durch die Straßen Banguis, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik. Sie feiern den Rücktritt von Präsident Michel Djotodia und den seines Regierungschefs Nicolas Tiengaye. "Es gab Freudenschreie in der Bevölkerung nach der Bekanntgabe", erzählt Benjamin Baramoto, Korrespondent der DW in Bangui. "Die Leute tragen ihre Freude auf die Strassen. Sie wollen noch bis zum Abend feiern."

Die Nachricht über die Rücktritte erhielt die jubelnde Menge in der Zentralafrikanischen Republik aus dem Nachbarland Tschad. Tschads Präsident Idriss Déby hatte angesichts der anhaltenden Gewalt in der Zentralafrikanischen Republik am Donnerstag gemeinsam mit anderen Staatschefs der Wirtschaftsgemeinschaft der Zentralafrikanischen Staaten (Economic Community of Central African States, CEEAC) zu einem Krisengipfel geladen. Und das auf ungewöhnlichem Weg: Mit einem Flugzeug holte Déby das gesamte zentralafrikanische Übergangsparlament, 135 Mitglieder, zu den Verhandlungen nach N'djamena. Gemeinsam sollten sie einen Ausweg aus der Krise suchen. Verhandlungsführer Déby warf der politischen Elite des Nachbarlandes vor, selbst die Gewalt zu verantworten zu haben. "Bis heute zählen wir Tausende tote Zivilisten und Soldaten, (…) mehr als eine Million Flüchtlinge und Vertriebene", sagte Déby.

Am Freitagvormittag dann gaben die beiden Politiker Djotodia und Tiengaye dem Druck nach und erklärten ihren Rücktritt.

Jubel über den Rücktritt Djotodias (Foto: Reuters)
Jubel über den Rücktritt Djotodias in dem Flughafencamp LakouengaBild: Reuters

Djotodia war der erste muslimische Präsident des Landes. Im März 2013 hatte er Staatschef François Bozizé gestürzt, der Christ ist. Seitdem wird das Land von einem blutigen Konflikt zerrissen. Die Anhänger Djotodias, muslimische Rebellen der Séléka-Bewegung, und christliche Bürgerwehren der Anti-Balaka-Miliz bekämpfen sich gegenseitig und terrorisieren die Bevölkerung. Etwa die Hälfte der Einwohner der Zentralafrikanischen Republik bekennt sich zum Christentum, 15 Prozent sind Muslime.

Rücktritt auf Druck der Regionalgemeinschaft?

Überraschendes Moment in dieser Krise: nicht die 1600 Soldaten der französischen Militärmission Sangaris und auch nicht die etwa 4000 Kämpfer der Mission der Afrikanischen Union (MISCA) konnten dem nun über ein Jahr andauerndem Morden ein Ende bereiten. Sondern eine zweitägige Verhandlung der Wirtschaftsgemeinschaft der Zentralafrikanischen Staaten (CEEAC). Die aus zehn Ländern bestehende Organisation stellt einen Großteil der afrikanischen Truppe MISCA. Thierry Vircoulon, Projektleiter für das Zentrale Afrika bei der Nichtregierungsorganisation "International Crisis Group" sieht CEEAC als die treibende Kraft hinter dem Machtwechsel. "Es ist offensichtlich, dass die Region mit Beginn der Krise die Lösung des Konflikts unter sich ausmachen wollte. Die zentralafrikanischen Staaten waren der Ansicht, eine politische Lösung könne nur in der Region selbst entwickelt werden", erklärte Vircoulon in einem Interview gegenüber der DW. Bemühungen der Afrikanischen Union und auch der Vereinten Nationen habe man abgelehnt, so Vircoulon weiter.

Die zehn Mitgliedsstaaten Zentralafrikas treibt die Angst, die Krise könne sich zu einem Flächenbrand ausweiten: Die Kämpfe im Nachbarland Demokratische Republik Kongo zwischen Rebellengruppen und der Zentralregierung, die jüngsten Unruhen im Südsudan oder die Anschläge der Sekte Boko Haram in Nordnigeria - der Gürtel Zentralafrikas ist eine instabile Region.

Patroullie der AU-Mission in Bangui (Foto: AFP)
Patrouille der AU-Mission MISCA in BanguiBild: Eric Feferberg/AFP/Getty Images

Mit dem Drängen auf den Rücktritt Djotodias hätten die Staatsführer der CEEAC zwar die Souveränität der Zentralafrikanischen Republik verletzt, meint der tschadische Politologe Gilbert Moundonodji von der Universität in N'djamena. "Aber sie haben zu einer korrekten Form zurückgefunden, wodurch das Übergangsparlament in die Zentralafrikanische Republik zurückkehren kann, um frei zu entscheiden, wer den Übergang durchführt."

Wer führt das Land aus der Gewalt?

Nach dem Rücktritt Djotodias und seines Premiers bleibt die Frage nach einem politischen Nachfolger. "Es gibt eigentlich keine starken Akteure auf der verbliebenen politischen Landkarte des Landes", sagt Thierry Vircoulon. "Aber vielleicht kommen die Personen, die die Übergangsregierung ersetzen werden, ja gar nicht aus der Politik. Es gibt Spekulationen über einige religiöse Führer oder über Zivilbeamte."

William Wang Kreo, Korrespondent der Deutschen Welle in Tschads Hauptstadt N'djamena, erhielt am Rande der Verhandlungen die Information, es sei vorgesehen, "dass der Präsident des Übergangsparlaments die Macht übernehmen solle, bis man Wahlen organisiert hat und ein neuer Präsidenten ernannt wird."

Wie die zukünftige Regierung aufgestellt sein werde, sei momentan die Schlüsselfrage; und eine der sensibelsten, so Thierry Vircoulon von der International Crisis Group. Offiziell existiere Djotodias Rebellenbündnis Seleka zwar nicht mehr. "Aber es gibt durchaus politische Vertreter der Seleka, die auch nach N'djamena eingeladen wurden. Doch die sind alle diskreditiert, da sie auf die eine oder andere Art militärische Befehlshaber sind", so Vircoulon.

Flüchtlinge im Flughafencamp Bangui (Foto: AP)
Hoffen auf ein Ende der Gewalt: Flüchtlinge im Flughafencamp BanguiBild: picture-alliance/AP

Frankreichs Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian forderte den nationalen Übergangsrat in Zentralafrika auf, möglichst bald einen neuen Interimspräsidenten zu bestimmen. Ziel müsse es sein, noch in diesem Jahr Wahlen abzuhalten. Am Montag (13.01.2014) will das Parlament in Bangui zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um über einen Nachfolger Djotodias zu beraten.