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Präsident Touadéra: "Ohne Frieden keine Entwicklung"

Zigoto Tchaya
11. August 2023

Der Präsident der Zentralafrikanischen Republik verteidigt im DW-Interview den Einsatz von Wagner-Söldnern und seine Kooperation mit Russland. Das "Ja" zur Verfassungsreform dürfte seine Position stärken.

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Zentralafrikanische Republik Bangui | Präsident Faustin Archange Touadera, lächelnd, vor Landsleuten, beim Referendum zu neuer Verfassung am 30. Juli 2023 (Foto: Barbara Debout/AFP/Getty Images)
Zentralafrikas Präsident Faustin-Archange Touadéra beim Verfassungsreferendum am 30. Juli 2023Bild: Barbara Debout/AFP/Getty Images

Die Zahlen sprechen für ihn: Mit einer deutlichen Mehrheit von 95 Prozent, so zeigen es die vorläufigen Ergebnisse, haben Zentralafrikanerinnen und Zentralafrikaner in einem Referendum für eine neue Verfassung gestimmt. Ein Ergebnis, dass als Bekenntnis zum Präsidenten Faustin-Archange Touadéra gelesen werden kann, der sich damit 2025 erneut zur Wahl zu stellen kann. Die Opposition, die vorab zum Boykott aufrief, verurteilt das Referendum hingegen als "institutionellen Staatsstreich". Überwacht wurde die Abstimmung von russischen Söldnern, deren Präsenz im Land Touadéra scharfer Kritik aussetzt.

DW: Herr Präsident, gerade hat Russlands Präsident Wladimir Putin sechs afrikanischen Ländern - darunter die Zentralafrikanische Republik - Getreidelieferungen versprochen. Ist das nicht ein Tropfen auf den heißen Stein angesichts der Tatsache, dass der Krieg in der Ukraine wichtige Weizenlieferungen weiter verhindert?

Faustin-Archange Touadéra: Es stimmt, dass wir es in unserem Land auch mit Notsituationen konfrontiert sind. Heute nehmen wir Flüchtlinge aus dem Sudan auf. Wir haben Aufrufe gestartet, uns zu helfen, diese Flüchtlinge zu unterstützen. Mit Reserven an Getreide und an Dünger sollte es den Afrikanern möglich sein, die Entwicklung voranzutreiben.

Afrikanische Führer haben sich erneut für einen Friedensvertrag zwischen Russland und der Ukraine eingesetzt. Sie waren nicht vertreten. Denken Sie, dass Afrika eine Rolle dabei spielen kann, den Frieden in der Ukraine wiederherzustellen?

Einige Staatschefs sind ausgewählt worden, Afrika zu vertreten. Die Zentralafrikanische Republik unterstützt sie. Sie sprechen für Afrika. Diese Staatschefs bemühen sich in dieser Mission darum, Frieden in der Welt zu schaffen. Afrika muss daran beteiligt sein, weil wir ja die Auswirkungen dieses Konflikts zu spüren bekommen. Es ist also unsere Aufgabe, die Stimme Afrikas bekanntzumachen.

Können wir über Ihre Beziehungen zu Russland mit Blick auf die Sicherheit in der Zentralafrikanischen Republik sprechen? Sie arbeiten mit Sicherheitskräften der Wagner-Gruppe zusammen, die eng mit Russland und mit Putin verbunden sind. Wie erklären Sie das?

Wir kooperieren mit der Russischen Föderation in Fragen der Sicherheit. Nach der Übernahme der Amtsgeschäfte sind wir verpflichtet, unsere Truppen aufzustellen. In dem Moment brauchten wir Mittel, weil unsere Armee 2013 komplett am Boden war. Also haben wir bei vielen befreundeten Länder um Unterstützung ersucht. Es ist die Russische Föderation, die sich dankenswerterweise bereit erklärt hat, uns Mittel zur Verfügung zu stellen, damit unsere Armee ihre Mission erfüllen kann.

Dazu kam 2020 die Rebellion der CPC, die Städte eingenommen hat. Weil unsere Armee noch im Aufbau befindlich war, haben wir viele Länder angerufen - darunter Russland, das sich gemeinsam mit Ruanda bereit erklärt hat, uns Kontingente zu schicken.

Präsident Faustin Archange Touadéra, umgeben von seiner russischen Leibgarde, grüßt im Wahlkampf 2020 seine Wähler im Stadion von Bangui (Foto: ALEXIS HUGUET/AFP)
Die Unterstützung durch russische Söldner - hier eine Woche vor der Präsidentschaftswahl 2020 - beschreibt Touadéra als NotwendigkeitBild: ALEXIS HUGUET/AFP

Ihre Kritiker sagen, dass Sie für die Präsenz der russischen Söldner einen hohen Preis zahlen. Es heißt, Sie würden die Ressourcen des Landes an Russland und die Wagner-Söldner verkaufen. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?

Selbst wenn Sicherheit eine kostspielige Sache ist, selbst wenn man dafür bezahlen muss: Man muss es tun, um die Bevölkerung zu beschützen! Wir brauchen den Frieden! Ohne Frieden keine Entwicklung.

Wir haben die ganze Welt, alle befreundeten Länder gebeten, uns zur Hilfe zu eilen. Manche waren hier, aber sie sind gegangen und haben uns unserem Schicksal überlassen. Ich verstehe nicht, warum man uns dafür kritisiert. Noch dazu auf einer schlechten Grundlage. Wenn wir auf der Sicherheitsebene kooperieren, gibt es keinen Grund, nicht auch auf wirtschaftlicher Ebene oder auf anderen Ebenen zusammenzuarbeiten. Das sind Beziehungen, die wir auch mit anderen Ländern haben, warum stellt man dort die Frage nicht?

Warum haben Sie hier in der Zentralafrikanischen Republik auf ein Verfassungsreferendum gedrungen, das die Zählung Ihrer Mandate zurück auf Null setzt?

Das Referendum hat eine lange Geschichte: Es hat Protestzüge und Petitionen gegeben. Junge Menschen haben demonstriert und mir ein Ultimatum gestellt. Dann hat eine parlamentarische Gruppe einen Gesetzentwurf erarbeitet. All das hat uns dazu bewogen, uns über die bestehende Verfassung Gedanken zu machen. Nach Abwägung aller Aspekte hielten wir [ein Referendum] für die Zentralafrikaner für nützlich und angebracht, da sie selbst darum gebeten haben.

Sind Sie bereit für eine dritte Amtszeit?

Diese Frage stellt sich für mich noch nicht. Ich bin gerade mitten in meiner [zweiten] Amtszeit. Jetzt gilt es, zu arbeiten, um das Vertrauen, das mir meine Landsleute entgegengebracht haben, zu erwidern. Wir schreiben das Jahr 2023, ich habe noch zwei Jahre vor mir und werde mich mit mit dieser Frage noch nicht befassen.

Das Interview führte Zigoto Chaya.

Adaptiert aus dem Französischen von Philipp Sandner