Zentralrat fordert Freigabe von Antisemitismus-Doku
7. Juni 2017Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat einen Brief an die Intendanten von Arte, WDR und ZDF geschrieben, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch vorlag. Darin zeigt Schuster sich verwundert darüber, dass die Doku "Auserwählt und ausgegrenzt - Der Hass auf Juden in Europa" von Joachim Schroeder und Sophie Hafner nicht wie eigentlich geplant bei Arte gesendet werde.
Der Sender hatte zuvor formale Gründe für die Ablehnung der Dokumentation angegeben. Dem epd teilte Arte mit, der produzierte Film entspreche nicht dem geplanten Projekt: "Vereinbart war ein von zwei Koautoren erstelltes Panorama des Antisemitismus heute in Europa. Zum Großteil spielt aber der von einem einzigen Autor erstellte Film zwischen Berlin und dem Nahen Osten. Zu dem Inhalt des Films möchten wir uns nicht weiter äußern."
Unverständnis beim Zentralrat
Der Zentralrat der Juden in Deutschland setzt sich nun für die Ausstrahlung des Films ein. In seinem Brief schreibt Präsident Schuster, er maße sich nicht an, das journalistische Handwerkszeug fachgerecht beurteilen zu können. Allerdings könne er sich nicht erklären, wie formale Gründe einer so wichtigen Dokumentation im Weg stehen könnten. "Daher bitte ich Sie, die Entscheidung zu überdenken", so der Zentralrats-Präsident.
Ein Bericht des Zweiten Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus habe nach Angaben von Schuster gezeigt, dass Antisemitismus immer noch "in den verschiedensten Milieus unserer Gesellschaft zu finden" ist. Vor diesem Hintergrund sei die Berichterstattung über Antisemitismus "höchst relevant", schreibt Schuster in seinem Brief an die Intendanten. "Dem öffentlich-rechtlich Rundfunk kommt hierbei mit der Erfüllung seines Bildungsauftrags eine besondere Funktion zu", heißt es weiter.
Kritik auch von Wissenschaftlern
Neben dem Zentralrat der Juden hatten bereits Historiker wie Michael Wolfssohn oder Götz Aly eine Freigabe des Films gefordert. Aly warf Arte-Programmdirektor Alain Le Diberder in der "Berliner Zeitung" sogar Zensur vor. Auch der Islamismus-Experte Ahmad Mansour hatte die Relevanz des Projekts hervorgehoben. Der arabische Israeli hatte die Autoren bei der Produktion beraten.
sf/pj (mit dpa/epd)