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Zentrum zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität

Peter Stützle (stl)18. Juli 2006

Die deutsche Regierung hat ihre Anstrengungen im Kampf gegen illegale Einwanderung gebündelt. Ein Zentrum gegen illegale Migration in Berlin soll vor allem helfen, Schleuserbanden das Handwerk zu legen.

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Anstehen für Visa am Konsulat in KiewBild: dpa

In den "Treptowers" - Hochhäusern im Berliner Ortsteil Treptow direkt an der Spree - hat die Verbindungsstelle mit dem Kurznamen GASIM (Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum Illegale Migration) ihre Büros. Am 2. Mai - rechtzeitig zur Fußball-Weltmeisterschaft mit den vielen Visa-Anträgen aus aller Welt - hatte das GASIM seine Arbeit aufgenommen, eine Reaktion auch auf frühere Pannen bei der Visa-Vergabe, die sogar einen Untersuchungsausschuss des Bundestages beschäftigt hatten.

Schleuser unterstützen Terroristen

Vor der GASIM, in der Spree, steht eine moderne Plastik von drei miteinander ringenden Riesen. Nebenan die Büros des Anti-Terror-Zentrums GTAZ, gegründet nach den Anschlägen vom 11. September zur besseren Koordination verschiedener Sicherheitsbehörden. Jetzt ringen beide Zentren Seite an Seite mit zwei riesigen Problemen, die nach Einschätzung der Sicherheitsbehören eng miteinander verknüpft sind: Terrorismus und illegale Migration. Zum Geschäftsfeld internationaler Schleuserorganisationen gehöre nicht nur Zwangs-Prostitution, Drogen- und Waffenschmuggel, sie unterstützten auch Terroristen bei ihren Bewegungen über Grenzen hinweg, sagte der Staatssekretär im Innenministerium und ehemalige Geheimdienstchef August Hanning.

"Manchmal habe ich den Eindruck, die Banden sind viel besser organisiert als die nationalen Polizei- und Sicherheitsbehörden. Und wir versuchen ein Stück weit in Deutschland das Netzwerk zu etablieren, das wir auf der anderen Seite, bei den Schleuserorganisationen, schon seit langem vorfinden", sagte Hanning.

Hoffnung auf besseren Informationsaustausch

Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz - also der Auslands- und der Inlands-Geheimdienst -, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt, das seine Räume in den Treptowers zur Verfügung stellt, der Zoll, das Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und schließlich das Auswärtige Amt, das für die Visa-Vergabe zuständig ist - sie alle haben ihre Vertreter im GASIM sitzen. Mit dem Gemeinsamen Analyse- und Strategiezentrum Illegale Migration sollen diese Behörden, die auch bisher schon punktuell zusammengearbeitet haben, ihre Informationen noch besser austauschen.

Laut Hanning soll dadurch auch die Erteilung von Visa erleichtert werden. "Wir können schneller erkennen: Handelt es sich um Personen, die uns Probleme bringen können bei ihrer Einreise oder nicht. Und das wird letztlich auch den Antragsstellern zugute kommen, wenn sie nach Deutschland einreisen möchten."

Hanning: Keine Entwarnung

Im Vorfeld der Fußball-WM habe das schon ganz gut geklappt. Hanning warnt vor dem Eindruck, das Problem illegaler Einwanderung habe sich in letzter Zeit für Deutschland entschärft und sei jetzt vor allem ein Problem der Mittelmeer-Anrainer. So hätten französische Behörden mitgeteilt, dass 80 Prozent der Insassen eines dort gelandeten Flüchtlingsschiffs inzwischen in Deutschland untergetaucht seien. Die stark rückläufigen Zahlen von Asylbewerbern zeigten nur einen Teil des Bildes. "Die Zahlen für organisierte Kriminalität sowie Schleuserorganisationen sind alles andere als beruhigend. Wir sehen, dass gerade mit illegaler Migration eine Menge Geld zu verdienen ist", sagte Hanning.

Wie der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, ergänzte, hat in Deutschland die Schleuserkriminalität alleine einen Anteil von zehn Prozent an der gesamten Organisierten Kriminalität. Mit dem GASIM hoffen die Behörden nun, sie wirksamer als bisher bekämpfen zu können.

Kritik von Pro Asyl

Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl sieht die Einrichtung des Zentrums skeptisch. "Wir haben Zweifel, ob es tatsächlich große Synergieeffekte gibt", sagte ihr Referent Bernd Mesovic. Die Vorstellung, Migrationströme im globalen Maßstab steuern zu können, sei illusorisch. Auch die Beteiligung des BND betrachtet Pro Asyl mit Misstrauen. "Wenn es das Prinzip ist, alle Informationen in einen Topf zu werfen, das Gebräu dann nicht zu kontrollieren und den Betroffenen keinen Rechtsschutz gegen diese Maßnahmen zu gewähren, dann sind wir skeptisch", sagte Mesovic.