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Ziemlich beste Feinde

Thomas Latschan17. Februar 2014

Kaum ein Verhältnis zweier Staaten ist so komplex wie das zwischen Israel und dem Iran. Heute pflegen beide eine tiefe Feindschaft. Hinter den Kulissen aber kooperierte man noch bis weit in die 1980er Jahre hinein.

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Anti-israelische Demonstration in Irans Hauptstadt Teheran (Foto:dpa)
Anti-israelische Demonstration in Irans Hauptstadt TeheranBild: picture-alliance/dpa

Kann man dem Iran trauen? Würde man diese Frage dem israelischen Präsidenten Schimon Peres stellen, würde dieser ganz sicher mit "Nein", antworten. "Der Iran ist das Zentrum des Terrors in unserer Zeit", warnte Peres noch im Januar bei einer Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Israels Präsident ist überzeugt davon, dass Teheran nach wie vor die schiitische Hisbollah-Miliz im Libanon mit Waffen beliefert, und er glaubt auch weiterhin daran, dass der Iran den Besitz von Atomwaffen anstrebt – auch wenn Irans Präsident Hassan Rohani dies erst kürzlich zum wiederholten Male verneint hat. Und so wird in Jerusalem seit Jahren immer wieder mal mehr, mal weniger offen über die Möglichkeit eines militärischen Präventivschlags gegen Irans Atomanlagen spekuliert.

Besonders laut waren diese Spekulationen, als der Präsident in Teheran noch Mahmud Ahmadinedschad hieß. Wiederholt hatte dieser gegen Israel gewettert, den Holocaust in Zweifel gezogen und die israelische Besatzung der Palästinensergebiete verurteilt. Unter Ahmadinedschads Nachfolger Rohani werden nun gemäßigtere Töne angeschlagen. Zwar erkennt auch Rohani das Existenzrecht Israels nicht an, doch hat er sich mittlerweile von den anti-israelischen Äußerungen seines Vorgängers distanziert. Dennoch ist das Verhältnis zwischen beiden Staaten von tiefem Misstrauen geprägt. Doch das war nicht immer so.

Israels Präsident Schimon Peres auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos (Foto:Reuters)
Israels Präsident Schimon Peres auf dem Weltwirtschaftsforum in DavosBild: Reuters

Gemeinsame Interessen

Nur einen Tag, nachdem der Staat Israel am 14. Mai 1948 aus der Taufe gehoben wurde, befand er sich schon im Krieg mit seinen arabischen Nachbarstaaten. Zwar konnten die Israelis den arabischen Angriff abwehren. Der Palästinakrieg führte Israels Staatsgründer David Ben Gurion aber deutlich vor Augen, in welch feindseliger Umgebung sein Land sich behaupten musste. Vor diesem Hintergrund entwickelte er die so genannte "Peripherie-Doktrin", nach der Israel danach streben müsse, Allianzen mit den nicht-arabischen Staaten der Region zu schließen. Dazu gehörten etwa die Türkei, Äthiopien oder die libanesischen Christen, aber eben auch der Iran.

Auch in Teheran beobachtete man Anfang der 1950er Jahre den wachsenden arabischen Nationalismus mit Argwohn – erst recht, nachdem sich der Iran ab 1953 zu einer massiv von den USA beeinflussten Diktatur entwickelte. Für Teheran bildete das ebenfalls von Washington unterstützte Israel ein willkommenes politisches Gegengewicht zu den arabischen Nachbarländern. "Zwischen beiden Staaten herrschte daher ein exzellentes Verhältnis", sagt Henner Fürtig vom Hamburger GIGA-Institut. Israel bildete iranische Agrarexperten aus, lieferte technisches Know-how und half beim Aufbau und Training der persischen Streitkräfte. Der Schah bezahlte dafür mit Öl. Öl, das im wirtschaftlich aufstrebenden Israel dringen gebraucht wurde: "Ende der 1970er Jahre hat der Iran 80 Prozent des israelischen Erdölbedarfs gedeckt," so Fürtig: "Da ist also eine ganz essentielle Verbindung zwischen beiden Staaten aufgebaut worden."

Israels Staatsgründer David Ben-Gurion (Foto:afp)
Israels Staatsgründer David Ben Gurion setzte auf gute Beziehungen zum Schah in TeheranBild: Getty Images

Geheime Deals in den 1980ern

Die Islamische Revolution im Iran Anfang 1979 setzte dieser Kooperation ein jähes Ende. Ayatollah Khomeini hatte Israel wiederholt scharf für seine Besetzung palästinensischer Gebiete kritisiert. Kaum war er an der Macht, annullierte der Revolutionsführer alle Verträge mit Israel. Als Israel 1982 in den libanesischen Bürgerkrieg eingriff und in den Süden des Landes einmarschierte, schickte auch Khomeini iranische Revolutionsgarden nach Beirut, um die dortigen schiitischen Milizen zu unterstützen. Bis heute gilt die damals entstandene Hisbollah-Miliz als verlängerter Arm Teherans im Libanon.

Doch während die Spannungen zwischen Iran und Israel immer offener zutage traten, lebte auch die geheime Zusammenarbeit beider Staaten wieder auf. Auslöser hierfür war der Ausbruch des Iran-Irak-Krieges im September 1980. Noch beeindruckt von der Revolution in Teheran unterstützte fast die gesamte westliche Welt den von den USA massiv hochgerüsteten Irak. Israel dagegen sah im Regime Saddam Husseins die größere Bedrohung – und schlug sich auf die Seite Khomeinis. Einer Untersuchung des Instituts für Studien zur Nationalen Sicherheit in Tel Aviv zufolge lieferte Israel allein in den ersten drei Kriegsjahren Waffen im Wert von 500 Millionen US-Dollar an den Iran. "Im Krieg mit dem Irak sah es für den Iran nicht gut aus", sagt Nahostexperte Henner Fürtig, "auch deshalb, weil 90 Prozent der iranischen Waffen noch während der Schah-Zeit aus den USA angeschafft worden waren. In den frühen achtziger Jahren gingen die Bestände der iranischen Streitkräfte an Munition, Waffen und Nachschub zu Ende", so Fürtig: "Da hat man verzweifelt nach Lieferanten gesucht, die bereit waren, amerikanische Waffentechnik zu liefern." Israels Offerte kam dem im Krieg militärisch unterlegenen Iran da gerade recht.

Irakische Soldaten vor dem brennenden iranischen Ölhafen Khorramschar 1980 (Foto:dpa)
Im Iran-Irak-Krieg war der Iran militärisch unterlegen und wand sich Hilfe suchend auch nach IsraelBild: picture-alliance/dpa

Aber Ayatollah Khomeini revanchierte sich nicht nur mit Geld: Anfang der 1980er kamen Gerüchte auf, dass der Irak den Bau einer Atombombe anstrebe. Dies war eine Bedrohung, die weder Teheran noch Jerusalem hinnehmen konnte. Also lieferte der iranische Geheimdienst der israelischen Luftwaffe wertvolle Informationen, mit deren Hilfe diese 1981 den irakischen Atomreaktor Osirak bombardieren und das vermutete irakische Atomprogramm um Jahre zurückwerfen konnte.

Die verdeckte Kooperation war brisant, und "es ist von allen Seiten versucht worden, das unter Verschluss zu halten", sagt Henner Fürtig. "Weder die Iraner noch die Israelis hatten ein Interesse daran, dass das an die Öffentlichkeit kommt." Doch im November 1986 erschütterte die "Iran-Contra-Affäre" die USA. Es kam heraus, dass Washington jahrelang tausende Panzer- und Luftabwehrraketen an Teheran verkauft hatte, um damit rechtsgerichtete Contra-Rebellen in Nicaragua zu finanzieren. Und, dass die Rüstungsdeals dabei maßgeblich über Israel abgewickelt worden waren.

Der endgültige Bruch

Im Zuge der Enthüllungen und mit dem Ende des Iran-Irak-Krieges 1988 kam es zum endgültigen Bruch zwischen Israel und dem Iran. Der gemeinsame Feind Irak war geschwächt, drei Jahre später wurde er in der Operation Desert Storm von den USA quasi unschädlich gemacht. Von iranischer Seite gab es keinen Grund mehr, die Kooperation mit Israel aufrechtzuerhalten. Zudem drängte jetzt auch die Palästinenserfrage wieder stärker in den außenpolitischen Fokus Teherans. "Es ist eine Konstante iranischer Außenpolitik, die Palästinafrage aus einem arabischen Kontext in einen islamischen zu heben", erklärt Henner Fürtig. "Wenn das zu einer Angelegenheit aller Muslime gemacht wird und nicht nur der Araber, dann rechnet sich der Iran dort auch eine gewisse Führungskompetenz zu. Das will man nicht aus der Hand geben."

1991 marschierten die USA in der "Operation Desert Storm" in den Irak ein (Foto:ap)
1991 marschierten die USA in der "Operation Desert Storm" in den Irak einBild: APImages

Der iranisch-amerikanische Nahostexperte Trita Parsi geht noch einen Schritt weiter. Er stellte schon 2007 fest, dass die Rivalität zwischen zwei Staaten zwar eigentlich nichts ungewöhnliches ist: "Das Problem mit Israel und Iran ist aber, dass ihre Rivalität mittlerweile existentielle Dimensionen angenommen hat: Iran prophezeit das Verschwinden des jüdischen Staates, Israel spricht Iran das Recht auf jegliche Atomtechnologie ab und beteiligt sich aktiv am Regime Change in Teheran". Unter diesen Voraussetzungen, sagt auch Henner Fürtig, " ist mit einer tatsächlichen substantiellen Verbesserung der Beziehungen des Iran zu Israel auf absehbare Zeit nicht zu rechnen."