Hoffnung auf Anerkennung
12. Februar 2009An der Promenade von Suchumi, der Hauptstadt Abchasiens, sitzen junge Leute an einem Tisch und trinken Kaffee. Das Schwarze Meer brandet gegen verrottete Stege. Nala studiert in Suchumi internationale Politik, und sie weiß schon genau, was sie später machen will. "Wir alle wollen dabei mithelfen, unseren Staat voranzubringen", sagt sie. "Ich bin in zweieinhalb Jahren mit dem Studium fertig. Dann will ich im Außenministerium arbeiten und Abchasien im Ausland repräsentieren."
Nala und ihre Freunde sind Abchasen. Sie stellen die größte Bevölkerungsgruppe in dem Pseudo-Staat, und besetzen die Führungspositionen. Das war nicht immer so. In sowjetischen Zeiten waren die Georgier in Abchasien in der Überzahl. Anfang der 90er-Jahre aber sagte sich Abchasien von Georgien los - es kam zum Krieg und mit russischer Hilfe vertrieben die Abchasen 200.000 Georgier. 15 Jahre lang existierte Abchasien, ohne dass irgendein Land der Welt Notiz von dem selbst ernannten Staat nahm. Im August änderte sich das.
Als Folge des Krieges um Südossetien erkannte Russland Abchasien an. In Suchumi löst das auch fünf Monate später noch Hochstimmung aus. "Das gibt uns Schwung. Es gibt Gerechtigkeit auf Erden", freut sich Nala. "Wir hoffen, dass die Vereinten Nationen uns anerkennen. Dass wir als eigener Staat auf der Weltkarte erscheinen. Das Leben ist schöner geworden."
Vertrauen erarbeiten
Zudem hat Russland umgerechnet etwa 50 Millionen Euro Finanzhilfen versprochen. Damit soll der Landstrich endlich wieder aufgebaut werden. Nach Russland hat nur ein Staat Abchasien anerkannt: Nicaragua. Die EU-Mitgliedsländer lehnen das strikt ab. Sie sind der Ansicht, der Pseudo-Staat gehöre völkerrechtlich nach wie vor zu Georgien. Der Präsident von Abchasien, Sergej Bagapsch, nimmt es gelassen. Er sitzt in einem mit flauschigem Teppich ausgelegten Büro nahe der Promenade von Suchumi. "Im Prinzip reicht uns in dieser Phase die Anerkennung durch Russland und Nicaragua", sagt der Präsident. Er hoffe aber, dass Weißrussland, Kuba und einige afrikanische Staaten demnächst dazu kämen. "Was die Anerkennung durch Europa betrifft, werden wir das nicht forcieren. Wir müssen Europa und der Welt jetzt beweisen - und das können wir -, dass wir einen zivilisierten Staat aufbauen können. Wir müssen uns das Vertrauen der Europäer erarbeiten", erklärt er.
Von Vertrauen zwischen der EU und den Abchasen kann bisher aber keine Rede sein. Die Europäische Union hat nach dem Südossetien-Krieg gut 200 Militär-Beobachter nach Georgien geschickt. Gemäß ihrem Mandat soll die EU-Mission in ganz Georgien patrouillieren, also - nach Auffassung der EU - auch in Südossetien und Abchasien. Die EU-Beobachter erhalten aber keinen Zutritt zu den Separationsgebieten, und daran soll sich sobald nichts ändern.
Mission in Abchasien
"Ganz Georgien, so wie die EU es versteht, existiert nur noch auf dem Papier", erläutert Maxim Gundschia, stellvertretender Außenminister. "Das Mandat der EU gilt nur für Georgien. Also nicht für Abchasien." Man sei auf der Hut, denn man glaube, dass die EU-Mission vor allem politisch aktiv werden wolle, anstatt für Sicherheit zu sorgen.
Eher als der EU vertrauen die Abchasen den Vereinten Nationen. Deren Beobachtermission in Abchasien, die UNOMIG, hat sich in den vergangenen 15 Jahren weitgehend neutral verhalten und sowohl Verstöße der Abchasen und GUS-Truppen als auch Verstöße der Georgier gegen das Waffenstillstandsabkommen veröffentlicht. Doch das Mandat der UNOMIG läuft am Sonntag (15.02.2009) aus. Ihre bisherige Aufgabe, die GUS-Friedenstruppen in Abchasien zu beobachten, kann die Mission nicht mehr wahrnehmen, denn Russland hat die GUS-Friedenstruppen durch reguläre Truppen ersetzt und auf mehrere tausend Mann aufgestockt. Russland plant einen Marine- und einen Luftwaffenstützpunkt in Abchasien. Sie hätten nichts gegen UN-Beobachter, sagt Präsident Bagapsch, aber die Mission dürfe nicht "Mission in Georgien" heißen. Abchasien sei nicht Georgien und werde auch nie wieder dazu gehören.
Hauptsache, in Frieden leben
"Nach allem, was geschehen ist, gibt es kein Zurück. Georgien muss verstehen, dass die Abchasen einen eigenen Staat wollten und ihn bekommen haben", sagt Bagapsch. Bitter ist das vor allem für die etwa 60.000 Georgier, die noch im Süden Abchasiens leben. In der Kleinstadt Gali stehen Kioske, an denen georgische Frauen Süßigkeiten, Grundnahrungsmittel und Spielzeug verkaufen . Natürlich würden sie gern zu Georgien gehören, sagen die Georgier in Abchasen, aber: "Wenn wir schon hier leben, dann richten wir uns nach ihren Gesetzen, nach den abchasischen. Wir werden uns schon aneinander gewöhnen. Es ist doch egal, wer hier der Chef ist, ein Georgier, ein Russe oder ein Abchase. Hauptsache, wir können in Frieden leben. Das reicht uns."
Der UN-Sicherheitsrat berät am Freitag (13.02.2009) über eine Verlängerung des Mandatsfür die abtrünnige georgische Region Abchasien.