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Zum 50. Todestag von Paul Hindemith

Marita Berg28. Dezember 2013

Anfangs war er ein "Bürgerschreck", später wurde er als "Musikant" geschmäht. Hindemith zählt zu den wichtigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, doch ein Großteil seiner Werke führt bis heute ein Schattendasein.

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Paul Hindemith sitzt 1945 im Sonnenschein auf einer Bank während eines Lehraufenthalts in den USA (Foto: CC BY-SA 3.0)
Bild: CC BY-SA 3.0

"Analysen meiner Werke kann ich nicht geben, weil ich nicht weiß, wie ich mit wenigen Worten ein Musikstück erklären soll. Außerdem glaube ich, dass meine Sachen für die Leute mit Ohren leicht zu erfassen sind, eine Analyse also überflüssig ist." Mit diesen Worten stellte sich der junge Paul Hindemith in seiner Autobiographie von 1922 vor. Selbstbewusst fügte er hinzu: "Leuten ohne Ohren ist auch mit solchen Eselsbrücken nicht zu helfen."

Der junge Wilde

Tatsächlich hätten sich manche Kritiker und auch Musikliebhaber in den 1920er Jahren Eselsbrücken gewünscht, um Hindemiths Werke zu verstehen. Seine Musik klang zu kompromisslos und eigensinnig, zu frech und bizarr. Für die einen wurde er zum "Bürgerschreck", für die anderen war er der Hoffnungsträger der musikalischen Avantgarde.

Der Durchbruch gelang ihm 1921 bei den ersten "Donaueschinger Kammermusiktagen zur Förderung zeitgenössischer Tonkunst". Hindemith führte hier nicht nur mit großem Erfolg eigene Werke. Als Mitorganisator und als Bratschist setzte er sich auch vehement für die Verbreitung der neuen Musik ein und wurde bald zur zentralen Figur. Und seiner Initiative ist es zu verdanken, dass 1924 erstmals Werke von Arnold Schönberg und Anton Webern in Donaueschingen erklangen.

Spielmusik

Schon in dieser Zeit machte sich Hindemith Gedanken um eine Neuorganisation des Konzertwesens. Er befürchtete eine "Entfremdung" zwischen Musiker und Publikum: "Dadurch, dass ich in ständiger Berührung mit dem Publikum war, ist es mir bald klar geworden, dass dieser alte Standpunkt, dass der Musiker alle Freiheit hat und das Publikum keine, nicht haltbar ist." Vor allem Kinder und musikalische Laien wollte Hindemith mit Werken, die er nur für diesen Zweck komponierte, an die zeitgenössische Musik heranführen.

Aber er wollte noch mehr: Der Hörer sollte nicht mehr nur "ein passiver Zuhörer" sein, forderte er: "Man sollte ihn aktivieren und ihm die Möglichkeit geben sich zu beteiligen, in dem er spielt und singt." Sein Motto lautete "Musik machen ist besser als Musik hören". In dieser Zeit entstanden erste pädagogische Schriften und seine "Spielmusiken", Werke wie das Weihnachtsmärchen "Tuttifäntchen" oder das Kinder-Singspiel "Wir bauen eine Stadt".

Atonaler Geräuschemacher

Nach der Machtübernahme der Nazis am 30. Januar 1933 bekommt auch Paul Hindemith die Auswirkungen der neuen Kulturpolitik rasch zu spüren: Goebbels bezeichnet ihn als "atonalen Geräuschemacher", viele der bereits erschienen Werke werden von der Reichsmusikkammer als "kulturbolschewistisch" abgestempelt und verboten. Auf den Index geriet auch sein neuestes Werk, "Mathis der Maler": Die Oper und die gleichnamige Symphonie brachten Hindemith mächtigen Ärger mit den Nazis ein. Sie verstanden die scheinbar harmlose Geschichte um den Renaissance-Maler Matthias Grünewald und seinen Kampf um Freiheit als politisches Bekenntnis gegen Hitler. Paul Hindemith und seine Werke gingen ins Exil, die Oper erlebte ihre Uraufführung in Zürich: "Das war schon die gefährliche Zeit, als die ganze 'Hitlerei' anfing. Während des Krieges, als all diese Sachen in Deutschland nicht gespielt werden durften oder auch vorher, in diesen ganzen 'tausend Jahren Hitlers', lief dieses Stück unentwegt weiter, über die ganze Welt."

Denen, die wir lieben

1953 kehrte Paul Hindemith aus seinem amerikanischen Exil nach Europa zurück und ließ sich in der Schweiz nieder. An seine Vorkriegserfolge konnte er nie mehr anknüpfen: Die Schmähung des Musikschriftstellers und Philosophen Theodor W. Adorno, Hindemith sei ein bloßer "Musikant", ein "Handwerker", sollten das Hindemith-Bild ganzer Generationen beeinflussen. Seine avantgardistischen Kollegen sahen in ihm einen Reaktionär, die Konzertbesucher hielten seine Musik für akademisch.

Viele seiner Werke fanden und finden nur selten den Weg in den Konzertsaal, vor allem die Exil-Werke, wie das 1946 komponierte Requiem auf ein Gedicht des US-amerikanischen Nationalschriftstellers Walt Whitmann. Gewidmet ist das Werk "denen, die wir lieben", wie Paul Hindemith noch während der Entstehung erzählte: "Es wird eine Art Requiem sein, eine Art amerikanisches Requiem auf Texte von Walt Whitman. Auf "When lilacs last in the dooryard bloom'd", ein sehr schönes Gedicht über den Tod, über das Sterben, über das traurige Schicksal der Menschheit. Und das scheint in dieser Situation nach dem Krieg, mit vielen Toten und mit viel Trauer, ein sehr ernstes und ein sehr wichtiges Unternehmen zu sein."

Paul Hindemith starb am 28. Dezember 1963 in seiner Heimatstadt Frankfurt am Main. Auf seiner letzten USA-Reise hatte er kurz zuvor in New York noch einmal sein Requiem dirigiert – eines der vielleicht schönsten Tondokumente, die es vom Dirigenten Paul Hindemith gibt.

Paul Hindemith dirigiert (Foto: picture-alliance/Robert Lebeck)
Paul Hindemith bei einer OrchesterprobeBild: picture-alliance/Robert Lebeck
Paul Hindemith spielt Bratsche (Foto: Getty Images)
Selber aktiver MusikerBild: Getty Images
Portraitfoto des jungen Paul Hindemith (Foto: CC BY-SA 3.0/Axel Hindemith)
Paul Hindemith im Jahr 1928Bild: CC BY-SA 3.0/Axel Hindemith