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Zum EM-Erfolg gekämpft

Stefan Nestler29. Juli 2013

Deutschlands Fußballerinnen bleiben die Nummer eins in Europa. Der neuerliche EM-Sieg war alles andere als selbstverständlich. Selbst die Zukunft der Bundestrainerin wurde in Frage gestellt.

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Goldregen über Simone Laudehr nach dem EM-Triumph. Foto: dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Am Ende zählt, wer gewinnt. Und das war wieder einmal Deutschland. Zum achten Mal insgesamt, zum sechsten Mal in Serie holten sich die deutschen Fußballerinnen den Europameistertitel. 1:0 (0:0) gegen Norwegen, Glückwünsche von Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Männer-Bundestrainer Joachim Löw und vielen anderen Claqueuren. Alles wie immer? "Nicht allzu viele haben daran geglaubt, dass wir es schaffen können", sagt Bundestrainerin Silvia Neid und räumt ein: "Am Anfang sah es auch wirklich nicht so aus."

Erste EM-Niederlage seit 20 Jahren

Dem torlosen Auftakt gegen die Niederlande und einem standesgemäßen 3:0-Erfolg gegen Island folgte zum Abschluss der Vorrunde die erste EM-Niederlage einer deutschen Frauen-Nationalmannschaft seit 20 Jahren. Nach dem 0:1 gegen Norwegen wurde sogar in Frage gestellt, ob Silvia Neid noch die Richtige sei auf dem Posten der Bundestrainerin. Dabei war die 49-Jährige mit der jüngsten Mannschaft von allen nach Schweden angereist, im Schnitt 23,6 Jahre alt. Die "Frischzellen-Kur" für das Team erfolgte nicht ganz freiwillig: Gleich sechs Topspielerinnen, darunter die erfahrene Linda Bresonik, hatten wegen Verletzungen für das Turnier absagen müssen. Zudem hat die Konkurrenz aufgeholt.

Silvia Neid. Foto: Getty Images
Neid musste sich Kritik gefallen lassenBild: Getty Images/AFP/Jonathan Nackstrand

Über Kampf zum Spiel

Die deutschen Spielerinnen brauchten die Vorrundenpartien, um sich als Mannschaft zu finden. In den K.o.-Runden zeigten sie dann, was bei ihren männlichen Kollegen gerne als "deutsche Fußballtugenden" gerühmt wird: Kampfkraft, Disziplin, Nervenstärke und die Fähigkeit, sich im Verlaufe eines Turniers kontinuierlich zu steigern. Das 1:0 gegen Italien im Viertelfinale erarbeitete sich das Team noch hart.

Deutsche Spielerinnen bejubeln den Treffer von Simone Laudehr im EM-Viertelfinale gegen Italien. Foto: dpa-Bildfunk
Im EM-Viertelfinale gegen Italien platzte der KnotenBild: picture-alliance/dpa

Gegen die favorisierten Gastgeberinnen aus Schweden präsentierte sich die Elf von Bundestrainerin Neid nicht nur hochkonzentriert, sondern auch spielerisch deutlich verbessert. Ein Quäntchen Glück, das jede gute Mannschaft braucht, kam dazu. Der alles in allem verdiente Lohn war der 1:0-Erfolg, mit dem Deutschland wieder einmal ins Finale einer EM einzog. Dort gelang dem jungen deutschen Team gegen Norwegen nun die Revanche für die Vorrundenniederlage. Erneut reichte ein Tor zum Triumph. Das hatte die Mannschaft vor allem ihrer erfahrensten Spielerin zu verdanken: 34 Jahre und 124 Länderspiele hat Nadine Angerer inzwischen auf dem Buckel. Die Torfrau zog den Norwegerinnen den letzten Nerv, indem sie gleich zwei Elfmeter parierte.

Boom blieb bisher aus

Es ist fast symptomatisch, dass "Natze", wie Angerer von ihren Mitspielerinnen gerufen wird, ihre Karriere im Ausland ausklingen lässt. Im September zieht es die EM-Heldin nach Brisbane in Australien, ehe Angerer Anfang 2014 in die US-Profiliga wechselt. Manchenorts im Ausland genießt der Frauenfußball nicht nur auf Nationalmannschafts-, sondern auch auf Vereinsebene ein höheres Ansehen als in Deutschland. Zudem lässt sich dort mehr Geld verdienen.

Dass der neuerliche EM-Erfolg zu einem Frauenfußball-Boom in Deutschland führen wird, ist eher nicht zu erwarten. Der blieb selbst nach dem WM-Erfolg 2007 und dem WM-Turnier 2011 im eigenen Land aus. In der abgelaufenen Saison musste Bundesligist SC Bad Neuenahr Insolvenz anmelden und den Weg in die 2. Liga antreten. Der FCR Duisburg, immerhin 2009 Europapokalsieger, entging der Pleite nur knapp. Im Schnitt fanden nicht einmal 1000 Zuschauer den Weg in die Bundesliga-Stadien. Die deutschen Fußballerinnen hätten wirklich mehr verdient.