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Zuwanderung wächst trotzdem

Andreas Becker9. Februar 2004

Den meisten westlichen Industriestaaten geht es wirtschaftlich nicht gut. Dennoch nimmt die Zahl der Migranten aus anderen Teilen der Welt nicht ab. Die OECD hat jetzt untersucht, warum das so ist.

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Saisonarbeiter auf Gurkenfeldern in FreiburgBild: AP

Auch wenn sich in den Jahren seit der Jahrtausendwende die Konjunktur in vielen Staaten abgekühlt hatte: Die Industriestaaten ziehen zunehmend Einwanderer an und wetteifern dabei um ausländische Arbeitskräfte. So nahmen die USA im Zeitraum 2001-2002 mehr als eine Million dauerhafter Einwanderer auf - ein Anstieg von 25 Prozent gegenüber dem Jahr 2000. Auch in Kanada, Neuseeland, der Schweiz und Südeuropa gab es zweistellige Zuwachsraten. In Nordeuropa und Japan fiel der Anstieg dagegen geringer aus. Zu diesem Ergebnis kommt die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) in ihrer Studie "Trends in der internationalen Migration".

Viele Saisonarbeiter in Deutschland

In absoluten Zahlen zog Deutschland nach den USA die meisten Immigranten an, noch vor Großbritannien und Japan. Die Arbeitserleichterungen für ausländische Computer-Spezialisten, die so genannten Green Cards, hätten dabei aber keine Rolle gespielt, sagt OECD-Migrationsexperte Georges Lemaitre. "Sicher, es gibt die Green Card, doch die Zahl derer, die diese Arbeitserlaubnis erhalten haben, ist nicht sehr bedeutend. Es geht hier nur um 10.000 bis 15.000 Personen. Das ist nicht sehr viel für ein Land von der Größe Deutschlands."

Ein großer Teil der Zuwanderung nach Deutschland sei von kurzer Dauer, sagt Lemaitre. "Das sind Saisonarbeiter in der Landwirtschaft oder Menschen mit kurzfristigen Verträgen." Darüber hinaus gebe es nur sehr wenig Zuwanderung von Arbeitskräften, die von außerhalb Europas kommen.

Weniger Fachkräfte für Europa

Auch in den anderen Staaten der Europäischen Union sei der Anstieg an Zuwanderern vor allem auf Bürger anderer EU-Staaten zurückzuführen. Diese kommen entweder zum Studieren, zum Arbeiten oder ziehen ihren Familien nach.

Programme zur gezielten Anwerbung und Integration von ausländischen Fachkräften gebe vor allem in den
klassischen Einwanderungsländern wie den USA, Kanada oder Australien. In Europa suchen Fachkräften allenfalls in der Schweiz und in Großbritannien eine neue Tätigkeit. Hier gibt es einen starken Zuwachs an hoch ausgebildeten Fachkräften für Kommunikationstechnologie, Informatik, im Handel und im Bankenwesen.

Die starke Zuwanderung nach Südeuropa habe, neben illegalen Einwanderern, meist andere Gründe, sagt Migrationsexperte Lemaitre: "Es sind meist ungelernte Arbeiter, die nach Südeuropa kommen. Sie arbeiten als Haushaltshilfen, auf dem Bau und in kleinen Betrieben."
Diese Gruppe von Zuwanderern versucht ihr Glück auch in der Schweiz und in Großbritannien.

Brain Drain und andere Probleme

Angesprochen auf den so genannten Brain Drain, also die Abwanderung hochqualifizierte Arbeitskräfte in ein anderes Land, gibt sich Georges Lemaitre skeptisch. Dieses Thema habe während der New-Economy-Euphorie für einigen Wirbel in Europa gesorgt, inzwischen hätten sich die Wogen aber geglättet. Forscher wissen immer noch sehr wenig über Umfang und Wirkung des Brain Drain: "Es ist sehr schwierig, darüber präzise Angaben zu machen, denn es gibt kaum verläßlich Daten dazu. Wir wissen wenig darüber, wie viele Menschen ein Land verlassen und etwas später wieder zurückkehren. Wir arbeiten an einer Verbesserung der Datenlage."

Der OECD-Bericht weist darauf hin, wie wichtig eine gelungene Integration der Einwanderer ist. Die gestalte sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zunehmend schwierig. Selbst in einstigen Vorzeigeländern wie Kanada oder Schweden sei die Arbeitslosenquote unter Ausländern höher als unter der einheimische Bevölkerung. Gründe hierfür seien Sprachprobleme und Diskriminierung.