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Zwei Monate Bettruhe nur für die Forschung

Fabian Schmidt9. September 2015

Heute beginnt im Envihab des DLR eine Langzeit-Weltraumsimulation. Dazu müssen zwölf Probanden pausenlos im Bett liegen - zwei Monate lang - immer mit dem Kopf nach unten. Und wir schwören! Sie tun es freiwillig.

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DLR Bettruhestudie im Envihab DLR 2
Bild: DLR

Zwölf Männer zwischen 20 und 45 Jahren wurden für das Forschungsprojekt am Envihab des Deutschen Zentrums für Luft-und Ramfahrt (DLR) ausgewählt. An ihnen sollen zwei Monate lang die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den Körper getestet werden. Das besondere daran: Sie werden ihre Schwerelosigkeit nicht etwa auf der Internationalen Raumstation (ISS) erleben, wo Astronauten tatsächlich so lange ohne Gravitation auskommen, sondern auf der Erde - im Bett.

Dafür liegen die Probanden in einer 'Sechs-Grad-Kopftieflage', also auf einer nach unten geneigten Matratze. In dieser schrägen Position sind die Auswirkungen auf den Körper und den Kreislauf ähnlich wie bei den Astronauten im Weltall, erklärt Edwin Mulder, der Leiter der Studie. Das liegt daran, sagt er, dass sich Blut und Körperflüssigkeiten langsam in Richtung Kopf verschieben

Keine Pause für zwei Monate

Die Probanden beginnen am Mittwoch mit dem Experiment. Ausnahmen gibt es in der ganzen Zeit keine. Selbst duschen müssen die Männer in sechs-Grad-Kopftieflage. Dazu ist im Envihab die Dusche mit einer entsprechenden wasserdichten Liege ausgestattet.

Die Hälfte der Probanden, erläutert Studienleiter Mulder, wird auf einem speziell entworfenen Trainingsgerät liegend mehrmals in der Woche ein Sprungtraining absolvieren: "Damit wollen wir herausfinden, ob dieses sehr intensive Training eine effektive Gegenmaßnahme gegen den Knochen- und Muskelabbau sein kann".

Lehren für Astronauten auf der ISS

Derzeit müssen Astronauten an Bord der ISS jeden Tag mehr als zwei Stunden lang Sport treiben, um den Muskel- und Knochenabbau möglichst gering zu halten. Die Forscher möchten nun untersuchen, ob sich effizientere Übungen, zum Beispiel kleine, kräftige Sprünge, besser dafür eignen. "Ein kurzes, knackiges Training mit einem starken muskulären Reiz - so etwas gibt es im All bisher noch nicht", sagt der Studienleiter.

Insgesamt führen die Wissenschaftler rund 90 Experimente durch: Sie untersuchen Veränderungen des Herz-Kreislauf-Systems, des Gleichgewichtssinns, der Augen, der Thermoregulation oder auch des autonomen Nervensystems.

Langeweile kommt nicht auf

Lucas Braunschmidt hat sich als Proband zur Verfügung gestellt. Mit der Teilnahme an der Studie überbrückt der Ergotherapeut die Zeit bis zum Berufseinstieg im nächsten Jahr. "Mich interessiert die Erfahrung", erzählt er. Später werde er schließlich auch Patienten behandeln, die lange Zeit bettlägerig waren und deren Knochen und Muskeln erst wieder aufgebaut werden müssen.

Für ihn könnte dieses Experiment auch der Einstieg in ein Medizinstudium sein. "Mit der Studie lerne ich die neuesten Untersuchungsmethoden kennen und sehe, wie Forschung abläuft", sagt der Braunschmidt.

Pfleger , Ärzte und Forscher werden den Probanden in der Zeit jedenfalls auf Trab halten: "Ich glaube nicht, dass mir langweilig werden wird", lacht Braunschmidt. Außerdem habe er sich jede Menge Zeitvertreib mitgebracht: DVDs, Bücher und viele Zeitschriften.