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Politik

Zwei weitere Männer im Iran hingerichtet

7. Januar 2023

Nach offiziellen Angaben sind damit insgesamt vier Todesurteile vollstreckt, die im Zuge der Protestwelle ergingen. Menschenrechtler zeigen sich bestürzt.

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Deutschland l Iran Protest l Solidarität und Protest gegen das Iranische Regime in Köln
Stilisierte Galgen bei einem Protest gegen das iranische Regime im Jahr 2020 in KölnBild: Uwe Geisler/Geisler-Fotopress/picture alliance

Im Iran sind zwei weitere Todesurteile im Zusammenhang mit den seit Monaten andauernden Protesten vollstreckt worden. Mohammed Mahdi Karami und Sejed Mohammed Hosseini seien gehängt worden, teilte die iranische Justizbehörde mit. Der oberste Gerichtshof hatte das Urteil gegen die Iraner am Dienstag bestätigt. Sie waren im Dezember als "Hauptverantwortliche" für den Tod eines Mitglieds der paramilitärischen Bassidsch-Miliz bei Demonstrationen in der Stadt Karadsch westlich von Teheran schuldig gesprochen worden.

Die EU prangerte die Hinrichtungen als "weiteres Zeichen der gewaltsamen Unterdrückung der Proteste" im Iran an. Sie fordere die Behörden erneut auf, "die höchst verwerfliche Praxis, Todesurteile gegen Demonstranten zu verhängen und zu vollstrecken, sofort zu beenden", erklärte eine Sprecherin des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Zudem müssten die zuletzt verhängten Todesurteile "unverzüglich" aufgehoben werden. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte verurteilte auf Twitter die "auf erpressten Geständnissen" basierenden Prozesse. Es sei "schockierend, dass der Iran trotz des internationalen Aufschreis weiterhin Demonstranten" hinrichte.

Baerbock bestürzt

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock reagierte bestürzt auf die jüngsten Hinrichtungen im Iran. Die beiden Männer seien erhängt worden, "weil sie sich dem brutalen und menschenverachtenden Handeln nicht unterwerfen wollten", schrieb Baerbock auf Twitter. "Zwei weitere schreckliche Schicksale, die uns bestärken, mit der EU den Druck auf Teheran weiter zu erhöhen", fügte die Ministerin hinzu.

Der deutsche Bundestagsabgeordnete Helge Limburg erwartet, dass die Hinrichtungen, die er als "schockierend" bezeichnete, Konsequenzen haben werden. Im Interview der Deutschen Welle wies der Grünen-Politiker mit Blick auf mögliche weitere Sanktionen gegen den Iran darauf hin, dass die Hinrichtungen bei der Diskussion darüber Berücksichtigung finden würden. Limburg war ein so genannter politischer Pate Karamis. Die Aufgabe solcher Paten sei es, "besondere Fälle" an die Öffentlichkeit zu bringen, die die iranischen Behörden zu verbergen versuchten, erläuterte Limburg.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte vor den Exekutionen den "schnell durchgeführten unfairen Gruppenprozess" gegen die beiden Männer angeprangert. Er habe "nichts mit einem aussagekräftigen Gerichtsverfahren" zu tun. K.s Vater hatte gegenüber iranischen Medien erklärt, ein Anwalt der Familie habe keinen Zugang zu den Akten seines Sohnes erhalten. Dieser war nach Angaben der Organisation Iran Human Rights (IHR) mit Sitz in Oslo 22 Jahre alt. Zum Alter von H. machte die Organisation zunächst keine Angaben.

14-mal die Höchststrafe

Die Zahl der bekannten Hinrichtungen im Zuge der Proteste im Iran verdoppelt sich damit auf vier. Die Justiz hatte im Dezember bereits Todesurteile gegen zwei junge Männer vollstreckt, die bei Protesten Sicherheitskräfte verletzt oder getötet haben sollen. Laut einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP, die sich auf offizielle Informationen stützt, haben die Gerichte im Zusammenhang mit den Demonstrationen bislang 14 Menschen zum Tode verurteilt. Sechs davon warten auf ein neues Verfahren, zwei andere können noch Berufung einlegen.

USA Washington | Fotoausstellung zu Protesten im Iran
Solidaritätskundgebung für die iranische Demokratiebewegung im Dezember in Sichtweite des US-Kapitols in WashingtonBild: Celal Gunes/Anadolu Agency/picture alliance

Der Iran wird seit dem Tod der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im September von einer Protestwelle erschüttert. Die 22-Jährige war nach der Festnahme durch die Sittenpolizei wegen eines Verstoßes gegen die strikte Kleiderordnung der Islamischen Republik und einem Polizeigewahrsam unter ungeklärten Umständen gestorben.

Polizeichef entlassen

Die Führung in Teheran entließ derweil den Polizeichef des Landes. Die Absetzung von Hussein Aschtari erfolgte durch Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei, wie die Nachrichtenagentur Isna berichtete. Ein Grund für den Wechsel wurde nicht genannt. Aschtari war jedoch nach dem Tod Aminis in die Kritik geraten. Er hatte stets behauptet, dass die Polizei keine Schuld an Aminis Tod trage. Kritiker sind jedoch der Auffassung, dass die junge Frau von Polizisten geschlagen wurde und an einer Hirnblutung starb.

Iran neuer Polizeichef Ahmad-Resa Radan und Ayatollah Ali Chamenei
Der neue Polizeichef Ahmad-Resa Radan wurde von Ayatollah Ali Chamenei (r.) ernanntBild: WANA/REUTERS

An die Spitze der iranischen Polizei wurde nun der bisherigen Vizechef Ahmad-Resa Radan berufen. Er ist für radikale Einstellungen bekannt. Insbesondere setzt er sich dafür ein, dass Frauen die islamische Kleiderordnung strikt einhalten. Auch junge Männer sollten seiner Auffassung nach keinen Frisurentrends aus dem Westen folgen und bei Verstößen festgenommen werden. Wegen Menschenrechtsverletzungen wurde er 2010 von den USA und später von der EU mit Sanktionen belegt.

Absturz der Landeswährung

Bei den landesweiten Demonstrationen verloren nach Schätzung von Menschenrechtsorganisationen mehr als 450 Menschen ihr Leben, Tausende wurden festgenommen. Die Kundgebungen richten sich unter anderem gegen die rigorosen Bekleidungsvorschriften für Frauen. Vielfach werden aber auch ein Rücktritt der Führungsriege und grundlegende Änderungen des politischen Systems verlangt.

Die Vereinigten Staaten und die EU haben ihre Sanktionen gegen den Iran mehrfach verschärft. Die nationale Währung Rial gab seit Beginn der Proteste mehr als ein Vierteil ihres Wertes ab. Ein Ende der Finanzkrise ist nicht in Sicht.

Metsola dringt auf effektivere Unterstützung für Protestierende

Derweil rief die Präsidentin des Europaparlaments, Roberta Metsola, zu einer stärkeren Unterstützung der Demonstranten im Iran auf - und zu einer schärferen Verurteilung des Vorgehens der iranischen Führung. Man müsse aufstehen und den Frauen und Männern beistehen, die im Iran für Leben und Freiheit auf die Straße gingen, sagte Metsola auf der Landesgruppenklausur der CSU im Kloster Seeon in Oberbayern. Das seien Dinge, die man in Europa als gegeben hinnehme. Es sei aber notwendig, "diese weltweit immer wieder zu verteidigen, zu unterstützen und einzufordern". Der Vorsitzende der Landesgruppe der CSU im Deutschen Bundestag, Alexander Dobrindt, fügte hinzu, man sei sich einig, dass es Sanktionen gegenüber den Revolutionsgarden brauche.

kle/uh/jj/sti (dpa, afp)