Zweites LNG-Terminal in Betrieb
14. Januar 2023Erst im Dezember war das erste deutsche Terminal für verflüssigtes Erdgas (LNG) im niedersächsischen Wilhelmshaven eröffnet worden. Nun erhielt die Anlage in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern die Betriebsgenehmigung. Kanzler Olaf Scholz drehte zusammen mit der dortigen Regierungschefin Manuela Schwesig (SPD) symbolisch die Leitung auf. Das schwimmende Terminal wird von dem französischen Energiekonzern Totalenergies sowie der Firma Deutsche ReGas betrieben und wurde privat finanziert. Das erste Flüssigerdgas, das importiert wurde, stammt aus Ägypten.
Verflüssigtes Erdgas wird per Schiff aus verschiedenen Regionen der Welt geliefert, umgewandelt und als Erdgas in das Gasnetz eingespeist. Es soll dazu beitragen, die ausbleibenden russischen Gaslieferungen - wegen des Angriffskriegs in der Ukraine und der damit verbundenen Sanktionen - zu ersetzen. Wie in Wilhelmshaven nimmt in Lubmin ein Spezialschiff das LNG auf, wandelt es um und speist es ein.
"Wir werden diese Kapazitäten hier und auch andernorts weiter ausbauen, unter anderem auch mit festen Terminals, aber auch mit weiteren Regasifizierungsschiffen", kündigte Scholz an. Kommende Woche solle ein solches Spezialschiff auch in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein ankommen. Die Schiffe können schneller in Stellung gebracht werden als feste Anlagen. Allerdings können sie in Abhängigkeit der Gegebenheiten vor Ort jeweils nur rund fünf Milliarden Kubikmeter pro Jahr ins Gasnetz einspeisen. Über die deutsch-russische Ostseepipeline Nord Stream 1 waren 2021 fast 60 Milliarden Kubikmeter gekommen. Nach früheren Angaben will Deutschland im Winter 2023/24 etwa ein Drittel des bisherigen Gasbedarfs über die schwimmenden LNG-Terminals decken.
Nach den Worten des Kanzlers legt die Bundesrepublik beim Aufbau einer eigenen LNG-Infrastruktur ein neues "Deutschland-Tempo" an den Tag. In Lubmin an der Ostsee waren die ersten Anträge erst im vergangenen Sommer eingegangen. Die Bauarbeiten im Hafen hatten erst im September begonnen.
Umweltverbände sind besorgt
Kritiker sprechen von einem zu hohen Tempo hierbei. So bemängeln Umweltverbände etwa ein aus ihrer Sicht übereiltes Genehmigungsverfahren. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat bereits Widerspruch gegen die Betriebsgenehmigung des Terminals in Wilhelmshaven eingelegt und fordert, die Betriebsdauer von 20 Jahren auf höchstens zehn Jahre zu beschränken. Außerdem kritisiert die DUH das Einleiten von mit Bioziden behandeltem Abwasser ins Meer. Zudem sei der Brandschutz nicht ausreichend berücksichtigt.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Mecklenburg-Vorpommern kritisierte, die Genehmigungsauflagen zum Schutz des Meeresraums Greifswalder Bodden seien nicht geeignet, Schäden zu vermeiden. So werde der tägliche Shuttleverkehr auf lange Zeit Verwirbelungen und Störungen des Schutzgebietes durch große Tankschiffe und Schlepper verursachen. Zudem sei ungeklärt, welche Auswirkungen der Unterwasserlärm des Terminals unter anderem auf die dortige Robbenpopulation haben werde.
Umweltverbände kritisieren auch, dass Deutschland langfristig Überkapazitäten für den Gasimport schaffe und so den angestrebten Ausstieg aus fossilen Energieträgern behindere. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte darauf verwiesen, dass es bei geplanten Projekten auch Unsicherheiten gebe und Sicherheitspuffer für mögliche Ausfälle nötig seien. Zudem gehe es um eine erweiterte Infrastruktur in Europa, von der andere Länder profitieren könnten.
Darüber hinaus gibt es Beschwerden von Anwohnern über eine starke Lärmbelästigung, die sie mit dem Terminal in Verbindung bringen. Das zuständige Landesumweltministerium hat bereits Messungen veranlasst.
se/wa (dpa, rtr, afp, epd, mdr)