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Zwischen Koordination und Kontrolle

Marcel Fürstenau2. August 2013

In Deutschland gibt es drei Nachrichtendienste, die drei Ressorts unterstehen. Das Kanzleramt soll gegenüber dem Parlament für Transparenz sorgen, doch oft fühlen sich die Abgeordneten ignoriert.

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Pressemappen des BND liegen auf einer Stuhlreihe (Foto: Rainer Jensen dpa/lbn)
Bild: picture-alliance/dpa

Edward Snowden hat es öffentlich gemacht: Amerikanische und britische Geheimdienste schnüffeln im großen Stil in Deutschland. Millionenfach soll unter anderem der US-Geheimdienst NSA die elektronische Kommunikation anzapfen. Die Bundesregierung erweckt seit den Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Snowden den Eindruck, keinen blassen Schimmer von der langjährigen Praxis gehabt zu haben. Kann man das wirklich glauben? Jedenfalls hegen die meisten Deutschen laut Umfragen Zweifel an der Ahnungslosigkeit, die nicht zuletzt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) seit Wochen vorgibt.

Doch wer, wenn nicht die Kanzlerin, könnte und müsste bestens informiert sein? Schließlich ist Merkels Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (ebenfalls CDU) zugleich Beauftragter der Bundesregierung für die Nachrichtendienste. "In dieser Funktion koordiniert und intensiviert er die Zusammenarbeit der drei Nachrichtendienste des Bundes und gegenüber anderen Ressorts und Behörden", heißt es auf der Website des Bundeskanzleramtes. Außerdem erfährt man, dass der Chef des Auslandsnachrichtendienstes BND dem Kanzleramtsminister, also Pofalla, unterstellt ist. Der für das Inland zuständige Verfassungsschutz (BfV) ist hingegen beim Innenminister angesiedelt und der Militärische Abschirmdienst (MAD) beim Verteidigungsminister.

Die Grenzen der Informationspflicht

Wegen der unterschiedlichen Aufgaben und Zuständigkeiten ist Merkels Vertrauter vor allem als Koordinator der drei Geheimdienste gefordert. In dieser Eigenschaft gehört es zu seinen gesetzlichen Aufgaben, das Parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste (PKGr) "umfassend über die allgemeine Tätigkeit" des BND, BfV und MAD zu informieren. Dem Gremium gehören elf Mitglieder aller fünf Bundestagsfraktionen an. Ihr Informations- und Gesprächsbedarf ist nach dem Aufdecken des US-Spähprogramms "Prism" und anderer Spionage-Programme westlicher Geheimdienste besonders groß. Deshalb findet bereits am Donnerstag (25. Juli) eine Sondersitzung statt.

Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla während einer Sitzung des Bundeskabinetts im Juli 2013. (Foto: Carsten Koall / Getty Images)
Merkels Mann für die Geheimdienste: Ronald PofallaBild: Getty Images

Ursprünglich wäre das Gremium erst in der zweiten August-Hälfte zusammengekommen, aber unter dem Eindruck der jüngsten Enthüllungen wollte weder die Regierung noch das Parlamentarische Kontrollgremium so lange warten. Von Geheimdienst-Koordinator Pofalla erwarten die Abgeordneten vor allem Auskunft darüber, ob und in welchem Umfang der ihm unterstehende BND mit dem US-Geheimdienst NSA kooperiert. Medienberichten zufolge soll die Zusammenarbeit sehr intensiv sein und gegen deutsche Datenschutzgesetze verstoßen.

Auch der Rechtsterror des NSU ist Thema im PKGr

Schon vor dem Bekanntwerden der aktuellen Spionage-Affäre war das PKGr oft unzufrieden mit der Informationspolitik der Bundesregierung. Ein Beispiel ist der rechtsterroristische "Nationalsozialistische Untergrund" (NSU), dem zehn Morde zur Last gelegt werden. Die meisten Opfer hatten ausländische Wurzeln. Auch in diesem Fall, mit dem sich seit eineinhalb Jahren ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss befasst, werfen die PKGr-Mitglieder der Regierung immer wieder fehlenden Aufklärungswillen vor. Die Kritik bezieht sich insbesondere auf die Weigerung, in bestimmten Fällen Akteneinsicht zu gewähren.

Auf der Basis des PKGr-Gesetzes kann die Regierung die Herausgabe von Akten "aus zwingenden Gründen des Nachrichtenzugangs oder aus Gründen des Schutzes von Persönlichkeitsrechten Dritter" verweigern. Eine sehr dehnbare Formulierung, meinen Kritiker wie der oppositionelle Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele. Aber auch Hartfrid Wolff von den regierenden Freidemokraten drängt auf eine Reform der Kontrollrechte. Die FDP-Fraktion hat schon vor einiger Zeit einen Gesetzentwurf vorgelegt, in dem unter anderem die Einsetzung eines ständigen Geheimdienst-Sachverständigen im Bundestag gefordert wird.

Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele gestikulierend am Rednerpult. (Foto: Tim Brakemeier / dpa)
Wüsste gerne mehr: Hans-Christian Ströbele (Grüne)Bild: picture-alliance/dpa

Das Schweigerecht der Bundesregierung

Zurzeit hat das Parlamentarische Kontrollgremium lediglich die Möglichkeit, im Einzelfall einen Sachverständigen zu beauftragen, um "Untersuchungen durchzuführen". Ob ein ständiger Sachverständiger tatsächlich mehr erfahren würde, dürfte allerdings fraglich sein. Denn die Bundesregierung könnte sich wie bisher auf ihr Schweigerecht berufen. Die Möglichkeit dazu besteht laut PKGr-Gesetz nämlich auch dann, "wenn der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung betroffen ist". Diese Formulierung scheint wie geschaffen dafür zu sein, die vom PKGr und der Öffentlichkeit erwarteten Informationen über amerikanische und britische Spionage in Deutschland weiterhin zu verweigern.