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Über das Erhabene

20. September 2001

Das Guggenheim Berlin verfolgt in der Ausstellung "Über das Erhabene: Mark Rothko, Yves Klein, James Turrell" die Idee des Sublimen...

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Viele Philosophen, darunter Immanuel Kant und Jean-François Lyotard, dachten über "das Erhabene/das Sublime" nach. Im ersten Jahrhundert sah der Philosoph Longius im Erhabenen den "Ausdruck einer großen Erfahrung", die eine Ekstase hervorruft. Bezeichnend wurde der Begriff dann für die Maler der Romantik im 19. Jahrhundert, Casper David Friedrich und J. M. W. Turner. Jetzt verfolgt das Guggenheim Berlin in der Ausstellung "Über das Erhabene: Mark Rothko, Yves Klein, James Turrell" die Idee des Sublimen in den Werken dreier Künstler des 20. Jahrhunderts.

Sind Mark Rothko (1903-1970), Yves Klein (1928-1962) und James Turrell (geboren 1943) letztlich Romantiker? Was verbindet ihre Werke mit den großartigen Landschaftsszenen, den neblig-lichtvollen Seebildern eines Casper David Friedrich?

1756 hatte der Philosoph Edmund Burke das Erhabene als panischen Schrecken und Schmerz bezeichnet. 1948, zweihundert Jahre nach dem Erscheinen von Burkes Schlüsseltext "Philosophische Untersuchung über unsere Idee vom Erhabenen und Schönen", forderte eine amerikanische Kunstzeitschrift Maler und Schriftsteller auf, ihr Verständnis vom "Sublimen" - einer anderen Bezeichnung für das "Erhabene" - darzulegen. Berühmt geworden ist in dieser Sammlung vor allem Barnett Newmanns Plädoyer für eine Kunst, die "aus sich selbst und aus unseren eigenen Gefühlen geschaffen ist". Alle drei Künstler der Guggenheim-Schau in Berlin, die für die amerikanische Nachkriegsavantgarde stehen und eine radikale Abstraktion in der Kunst vertreten, standen Newmanns Absolutheitsanspruch, sich von den europäischen Traditionen zu befreien, nahe.

So suchte Mark Rothko den Ballast des kulturellen Gedächtnisses loszuwerden, um einen genuinen künstlerischen Ausdruck zu finden. Seine Werke, die er "Mysterien" nannte und die den Betrachter zur Versenkung führen sollen, wurden in der Kunstrezeption als "spirituelle Werke" für eine weltliche Welt bezeichnet. So beschreibt ein Rezensent die Gemälde von Rothko als eine abstrakte Malerei, die sich aus keinen Formen der Dingwelt herleiten lassen: "Es ist, wenn man vor diesen Leinwänden steht, als schaute man in ein permanentes Schweben, das allein aus der Farbe herauszukommen scheint ... wandert der Blick über die Bilder und findet keinen Halt".

Haltlos scheinen auch die in den 60er Jahren so berühmt gewordenen Monochrome von Yves Klein. Nichts weiter ist zu sehen, als ein ganz bestimmter Blauton, die als "gemalte Energie" erfahrbar wird. Blau ruft Assoziationen wie Meer und Himmel hervor und versinnbildlicht wohl am besten den "unendlichen, kontinuierlichen Raum". Yves Klein, der seine Unendlichkeitsvisionen auch als "Geist" und "Leere" bezeichnet, hat sich bis zu seinem Tod 1962 mit der Farbe "Blau" beschäftigt: "Ich habe das Nichts abgelehnt und die Leere gefunden."

Eine vergleichbare Wirkung der optischen Faszination und der Grenzenlosigkeit des Raumes, der "überwältigend ist", erzielt auch James Turrell. "Afrum I" ist ein Werk von 1967, inspiriert von dem russischen Maler Alexander Rodtschenko, das der Lichtkünstler als "Loch in der Wirklichkeit" bezeichnet. Turrell kam es hier darauf an, einen Lichtraum zu schaffen, der den durch die Leinwand begrenzten zweidimensionalen Raum aufsprengt und dem Betrachter eine "erhabene Erfahrung" ermöglicht.

Wie maßgeblich die drei Künstler das Verständnis des Erhabenen beeinflusst haben und die visuellen Definitionen des Sublimen im 20. Jahrhundert erweiterten, kann in der Ausstellung nachvollzogen werden. Begleitet von einem Rahmenprogramm mit Vorträgen ist die Ausstellung "Über das Erhabene: Mark Rothko, Yves Klein, James Turrell" noch bis zum 7. Oktober in der Deutschen Guggenheim zu sehen.