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Überfälliges Signal an Sudan

Heinrich Bergstresser 20. September 2004

Der UN-Sicherheitsrat hat sich nach langem Zögern auf eine Resolution geeinigt, die die Gewalt im Sudan stoppen soll. Ein klares, aber sehr spätes Signal an die Regierung in Karthum, kommentiert Heinrich Bergstresser

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Heinrich Bergstresser
Heinrich Bergstresser

Und er bewegt sich doch, der UN-Sicherheitsrat, langsam zwar wie ein Mühlstein, aber er bewegt sich in die richtige Richtung. War die Enttäuschung bei mehreren westlichen Regierungen und noch mehr bei den verschiedenen Hilfsorganisationen in Darfur über die Sudan-Resolution Ende Juli noch groß, so sieht die Situation nach der Resolution Nr. 1564 vom Samstag (18.9.) plötzlich ganz anders aus. Denn diese Resolution wurde unter Kapitel VII der UN-Charta verabschiedet, was sehr selten ist. Das heißt, der Sicherheitsrat betrachtet die Lage im Sudan als eine Bedrohung für den Weltfrieden, für die internationale Sicherheit und die Stabilität in der Region.

Ein schwerer Schlag für das Regime in Khartum, das fest daran glaubte, im eigenen Land - präziser, in den Gebieten, die die Zentralregierung noch kontrolliert - auch weiterhin tun und lassen zu können, was es will. Denn von der Afrikanischen Union (AU) hatte sie nicht viel zu befürchten, wie die bislang ergebnislosen Verhandlungen im nigerianischen Abuja zeigten. Sie schienen sogar die Strategie des Diktators al-Bashir zu bestätigen, Zeit zu gewinnen und so das Problem Darfur mit kleinen Zugeständnissen an humanitäre Einsätze der Hilfs-organisationen zu seinen Gunsten aussitzen zu können. Das Regime war sogar überzeugt, den politischen Joker in der Hand zu halten, um das Problem Darfur in seinem Sinne zu lösen: das unterschriftsreife Friedensabkommen mit dem Südsudan, das den längsten Bürgerkrieg in Afrika beenden würde.

Aber der Wind hat sich gegen Khartum gedreht. Das zeigt sich auch daran, dass sich der Sicherheitsrat mit seiner Sudan-Resolution erstmals in seiner Geschichte ausdrücklich auf die Völkermord-Konvention von 1948 bezieht. Die deutsche Bundesregierung war aktiv daran beteiligt, den Genozid-Aspekt und die daraus abzuleitenden Maßnahmen gegen Sudan explizit mit einzubeziehen. Die bislang nur von den USA erhobenen Völkermord-Vorwürfe sollen nun von den UN im Sudan untersucht werden. Damit sollte wohl auch den schwer wiegenden Versäumnissen der UN während der Ruanda-Krise vor Jahren Rechnung getragen werden. Das diese Konvention Teil der Resolution ist, ist sicherlich auch ein besonderes Verdienst des UN-Generalsekretärs Kofi Annan, der das Genozid in Ruanda auch persönlich als politischen Tiefpunkt seiner UN-Tätigkeit betrachtet.

Die Botschaft der Weltgemeinschaft an die sudanesische Regierung ist nun eindeutig, klar und unmissverständlich. Dem Regime in Khartum bleibt nur wenig Zeit, sich zu beugen oder die denkbar schärfsten nichtmilitärischen Sanktionen in Kauf zu nehmen, nämlich ein Ölembargo und gegen Regierungsmitglieder direkt gerichtete Maßnahmen. Und es braucht nicht viel Phantasie, das Schicksal des Regimes vorherzusagen, sollte es wirklich soweit kommen.

Die beiden Veto-Mächte China und Russland haben diese ungewöhnliche Resolution nicht verhindert, auch wenn sie sich nur der Stimme enthielten. Aber die Tatsache allein muss der sudanesischen Führung in Khartum nun wirklich schlaflose Nächte bereiten, wie sie aus diesem selbstverschuldeten Dilemma Darfur herauskommt, ohne zu stürzen. Die Antwort liegt auf dem Tisch: die Resolution ohne wenn und aber umzusetzen und - was nicht weniger wichtig wäre - den Friedensvertrag mit dem Südsudan zu unterschreiben. Denn Menschen sehnen sich nach Frieden, im Sudan, wie auch anderswo. Wer aber diese Sehnsucht mit Füßen tritt, muss bestraft werden, die Mechanismen und Instrumente sind vorhanden, nicht nur im Fall Sudan.