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Überraschende WTO-Entscheidung

Johannes Beck, zzt. São Paulo 21. Juni 2004

Freude bei Nichtregierungsorganisationen und Vertretern afrikanischer Staaten: Die WTO hat sich erstmalig gegen Agrarsubventionen im Norden ausgesprochen und damit einer Klage Brasiliens gegen die USA stattgegeben.

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Brasiliens Baumwollproduktion leidet unter Subventionen in den USABild: dpa

Da noch die Übersetzungen gemacht werden müssen, wird das Ergebnis zwar erst in einigen Wochen offiziell verkündet; auf der Konferenz der Vereinten Nationen zu Handel und Entwicklung (UNCTAD) in São Paulo wurde trotzdem schon gefeiert. Celine Chaveriat von der Entwicklungsinitiative Oxfam sprach von einer historischen Entscheidung für alle, "die an einem Ende des Dumpings von Agrarprodukten auf den Weltmärkten interessiert sind." Es sei das erste Mal, dass einer der großen Subventionszahler im Rahmen der WTO dafür verurteilt werde, dass er die Regeln verletzt habe. "Man sollte sich daran erinnern, dass die USA und die EU diese Regeln während der Uruguay-Welthandelsrunde selbst entwickelt haben", sagte Chaveriat.

US-Subventionen schaden Westafrika

Zwar hatte Brasilien die Klage gegen die USA vor die WTO gebracht, tatsächlich sind aber vor allem vier westafrikanische Staaten betroffen: Benin, Burkina Faso, Mali und Togo. Hier stellt Baumwolle die Hälfte bis drei Viertel der gesamten Exporteinnahmen. Während in Benin ein Kilogramm Baumwolle für 64 Cent hergestellt wird, sind die Produktionskosten in den USA mit 149 Cent mehr als doppelt so hoch. Die US-Farmer erhalten allerdings im Durchschnitt pro Monat Subventionen in Höhe von etwa 10.000 Dollar. In Westafrika entspricht das mehreren Jahreseinkommen.

Baumwollernte in den USA
Baumwollernte in den USABild: dpa

"In Afrika hängen Millionen Menschen von der Baumwoll-Produktion ab. In den USA sind es dagegen nur ein paar Leute, die große Farmen besitzen und all diese Subventionen bekommen. Das heißt, für einige wenige Leute müssen in Afrika Millionen Menschen Hunger leiden", sagt Samuel Amehou, Benins Botschafter bei der WTO.

Preisverfall durch Überangebot

Insgesamt zahlen die USA jedes Jahr 3,6 Milliarden Dollar an Subventionen für die Baumwoll-Produktion. Davon profitieren lediglich 30.000 Farmer. Der Effekt auf die

Weltmarktpreise ist aber erheblich: Denn diese wenigen, hoch subventionierten Farmer stellen ein Drittel der Weltproduktion her. Das so verursachte Überangebot lässt nach Angaben Brasiliens den Preis um etwa ein Zehntel sinken.

Benins Botschafter Samuel Amehou hat ausgerechnet, dass die Verluste für die betroffenen Länder Westafrikas größer sind als alle Entwicklungshilfe zusammengenommen. "Das bedeutet, dass Afrika besser leben könnte und mehr davon hätte, wenn es auf einem fairen Markt seine Produkte verkaufen könnte und gleichzeitig auf alle Hilfe von außen verzichten würde", erklärt Amehou.

Hoffnung auf weitere Subventionsverbote

Neben den USA subventioniert auch die EU den Anbau von Baumwolle. Sie zahlt jährlich 800 Millionen Euro. Nach der WTO-Entscheidung gegen die USA hoffen Entwicklungsinitiativen wie Oxfam nun auf weitere Überprüfungen. Chaveriat stellt Agrarsubventionen insgesamt in Frage. "Das nächste Panel wird sich mit den Subventionen der EU für die Zuckerindustrie beschäftigen. Wir hoffen, dass dieses und die nächsten Panel einen Domino-Effekt schaffen, um diese Subventionen zu beenden, die in der Welt für Dumping-Preise sorgen."

Die USA werden aber wohl erstmal gegen die Baumwollentscheidung bei der WTO in Revision gehen. Schließlich spielt der Baumwollanbau in den amerikanischen Südstaaten historisch gesehen eine wichtige Rolle. Und gerade im Präsidentschaftswahljahr möchte man sicher keine Stimme verlieren.